Volltext: Die Waise von Ybbsthal

als vergessen. Und was mochte wol aus dem Häuschen 
geworden sein? War es vielleicht auch ein Raub der 
Flammen geworden, die so drohend vom Dorfe herüber¬ 
geleuchtet hatten? Alle diese schrecklichen Gedanken wogten 
in Luisens Seele auf und ab, und dazu gesellte sich noch 
das peinigende Gefühl der Ungewißheit, was morgen oder in 
den nächsten Tagen ihr Loos sein würde. Wenn die Feinde 
diesmal auch so grausam mit den Gefangenen verfahren, 
wie sie dies nach der Erzählung alter Leute einst gethan 
haben, — dann ist es um mich geschehen, dachte Luise, und 
ein kalter Schauer überlief sie bei diesem entsetzlichen 
Gedanken. 
So lange, wie die eben vollbrachte Nacht, hatte Luise 
noch keine im ganzen Leben gedauert. Als sie beim ersten 
trüben Schimmer des Morgens im Wagen um sich blickte, 
fand sie sich darin bereits allein. Der Gedanke an einen 
Fluchtversuch stieg im ersten Augenblicke in ihr auf. Als 
sie aber hinausschaute und rings herum die feindlichen Sol¬ 
daten sah, wie sie in ihre Mäntel gehüllt um die Wacht¬ 
feuer lagen oder auf und nieder giengen, da war es mit 
der Hoffnung auf ein Entkommen vorbei. Es blieb nichts 
übrig, als sich in das Unvermeidliche zu fügen und einzig 
auf Gottes Hilfe zu bauen. Das that nun Luise auch, und 
zugleich fiel ihr das schöne Schutzengelgebet ein, das sie so 
oft und gerne betete. 
„Englein, weiche nicht von mir, 
Will gehorsam folgen dir. 
Bleib' bei mir auf allen Wegen, 
Will mich gänzlich dir ergeben" — 
flüsterte sie leise vor sich hin, andächtig die Hände faltend.
	        
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