Volltext: Die Waise von Ybbsthal

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trat mit einem Lichte unter die Hausthüre und fragte nach 
lhrem Begehren. Luise schilderte kurz ihre trostlose Lage und 
brachte ihr Anliegen vor, wobei ihr vor Kälte die Zähne 
klapperten. Sie bat den Mann, dessen Antlitz Wolwolleu 
und menschenfreundliche Theilnahme verriet, mit auf¬ 
gehobenen Händen und unter heftigem Schluchzen, sich ihrer 
um Gotteswillen zu erbarmen. 
„Ach, mein Kind," entgegnete der Taglöhner, „ich 
habe zwar Mitleid mit deinem Elende, aber ich kann dich 
doch nicht in unser Häuschen aufnehmen, denn wir sind nicht 
sicher, ob wir nicht vielleicht morgen schon ebenfalls Ein¬ 
quartierung bekommen werden, und da müßte ich dich dann 
wieder fortschicken/' 
„O nur für diese Nacht gebt mir ein Obdach," flehte 
Luise, „morgen will ich ja, wenn es sein muß, wieder 
weiter ziehen. Aber heute muß ich, wenn Ihr mich fortschickt, 
erfrieren. Erbarmt Euch mein, guter Mann, ich bin eine 
arme Waise und habe Niemanden auf der Welt, der für 
mich sorgt. Denn meine Pflegemutter habe ich nun auch 
nicht mehr; sie kam gestern, als der Feind anrückte, nicht 
mehr heim, und ich weiß sie jetzt nirgends zu finden." 
„Nun, in Gottes Namen, so komm herein," sagte der 
Mann, „wir können ja die Sache drinnen in der Stube 
besser ausmachen, und mein Weib soll auch etwas drein zu 
reden haben." 
Damit nahm er Luise bei der Hand und führte sie, 
nachdem er die Hausthüre wieder wol verschlossen hatte, in 
die Stube. 
„Da, Martha, bringe ich einen Gast für heute Nacht," 
sagte er lächelnd gleich beim Eintritte und stellte Luise vor.
	        
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