Volltext: Die Waise von Ybbsthal

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„Du hast deine Sache gut gemacht, ich bin mit dir 
zufrieden. Für den Dienst, den du mir erwiesen hast, will 
ich dich belohnen. Nimm diese Goldstücke da, du wirst sie 
gut brauchen können." 
Der Oberst drückte dabei dem Mädchen drei große, 
blanke Goldmünzen in die Hand und fuhr fort: 
„Aber noch für etwas Anderes bin ich dir Dank 
schuldig, und zwar großen Dank. Denn wisse, der Offizier 
da, dem du heute durch deinen Warnruf an der Felswand das 
Leben gerettet hast, ist mein Bruder. Wie ich dich gebührend 
belohnen soll, weiß ich nicht. Aber das will ich dir ver¬ 
sprechen, daß, wenn ich einmal etwas für dich sollte thun 
können, dies, soweit es mir möglich ist, auch geschehen soll. 
Frage nur nach dem Oberst Lormand, und du wirst den 
Weg zu mir, so lange ich hier in der Gegend mich aufhalte, 
unschwer finden. Nun geh und sieh zu, daß du zu deinen 
Leuten gelangst." 
Luise wußte in ihrer Einfalt nichts Besseres zu thun, 
als dem Manne die Hand zu küssen, ohne dabei ein Wort 
zu sprechen. Sie ging hinweg und schob die Goldstücke 
ebenso verwirrt in die Tasche, wie sie dieselben in die Hand 
bekommen. Ein flüchtiger Blick auf ihre gefangenen Lands¬ 
leute, an denen sie vorbeigehen mußte, brachte sie erst wieder 
zur klaren Besinnung. Sie bemerkte nämlich deren finstere 
Gesichter, die zugleich Spott und Hohn verrieten. Ein Ge¬ 
danke fuhr wie ein Blitz durch ihre Seele. „Wie," dachte 
sie, „wenn die Leute die Worte des Oberst verstanden und 
es bemerkt hätten, daß ich Geld bekommen und angenommen 
habe? Ach, dann dürfte ich wol nimmer heimkommen und 
im Dorfe bleiben." —
	        
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