Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

176 Belgien während des fünften Kriegshalbjahres 
Die hauptsächlichsten Proteste und die Entgegnungen der deutschen Regierung sind 
nachfolgend zusammengestellt: 
7. Dezember 1916. 
Amtlich wurde in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" folgende Mitteilung veröffentlicht: 
„Die belgische Regierung hat durch die mit der Vertretung der belgischen Interessen in 
Deutschland betraute spanische Botschaft in Berlin wegen der Verbringung belgischer Arbeitsloser 
nach Deutschland und ihrer zwangsweisen Heranziehung zur Arbeit Beschwerde erheben lassen. Die 
Beschwerde ist als unbegründet zurückgewiesen worden. 
Durch eine Verordnung des Generalgouverneurs in Brüssel vom 15. Mai 1916 werden Personen, 
die öffentliche Unterstützung genießen und ohne hinreichenden Grund die Uebernahme oder Fortsetzung 
einer ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeit ablehnen, mit Freiheitsstrafen oder mit ArbeitS- 
zwang bedroht. Diese Verordnung steht mit dem Völkerrecht durchaus im Einklang. Denn nach 
Artikel 43 der Haager Landkriegsordnung hat die besetzende Macht für die Aufrechterhaltung der 
öffentlichen Ordnung und deS öffentlichen Lebens in dem besetzten Gebiete Sorge zu tragen und zu 
diesem Zwecke, soweit die Landesgesetze versagen, durch ergänzende Anordnungen einzugreifen. Zur 
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gehört aber zweifellos, daß Arbeitsfähige, soweit irgend 
möglich, nicht der öffentlichen Wohltätigkeit zur Last fallen, sondern zur Arbeit angehalten werden. 
Die arbeitslosen und infolgedessen unterstützungsbedürftigen Belgier werden im wesentlichen von der 
Relief-Kommisston ernährt, diese Einrichtung hat nach Lage der Umstände öffentlichen Charakter, so 
daß ihre Unterstützungen als öffentliche anzusehen sind. Den arbeitslosen Belgiern wird, da ihnen 
bei dem Daniederliegen der belgischen Industrien Arbeitsgelegenheit oder wenigstens angemeffene 
Arbeit in Belgien selbst nicht geboten werden kann, lohnende Arbeit in Deutschland angewiesen, wo 
bereits eine große Anzahl belgischer Arbeiter freiwillig tätig ist. Gegen diejenigen arbeitslosen 
Belgier, die diesem Beispiele nicht folgen, ist gemäß der Verordnung des Kaiserlichen General- 
gouverneurS in Brüssel vom 15. Mai 1916 der Arbeitszwang nicht zu vermeiden. Dabei sind selbst 
verständlich Arbeiten ausgeschlossen, zu denen eine feindliche Bevölkerung völkerrechtlich nicht ge 
zwungen werden darf. 
Weitere Beschwerden der belgischen Regierung, die gleichfalls durch die spanische Botschaft in 
Berlin vorgebracht wurden, richten sich dagegen, daß die Arbeitslosigkeit in Belgien von der deutschen 
Verwaltung selbst organisiert worden sei, indem den belgischen Gemeinden die Beschäftigung von 
Arbeitslosen, ohne besondere Genehmigung, untersagt wurde. Auch Hütten sich bei der Durchführung 
der Maßnahmen in Belgien Schreckensszenen abgespielt. Die fortgeführten Belgier würden in 
Deutschland in den Fabriken zur Herstellung von Kriegsmaterialien, in den besetzten Gebieten Frank 
reichs zum Bau von Schützengräben und zur Herstellung von Militäreisenbahnen verwendet. 
Ferner hat die belgische Regierung die Behauptung ausgestellt, daß die Deutsche Regierung 
systematisch das Fabrikmaterial in Belgien requiriert habe, um die Wiederaufnahme der Arbeit nach 
Friedensschluß zu verhindern, den belgischen Wettbewerb ein für allemal auszuschalten und das Land 
auf diese Weise zu ruinieren. Auch diese Beschwerden entbehren, wie der spanischen Botschaft er 
widert worden ist, jeder Grundlage: Die Beschäftigung arbeitsloser Belgier durch die Gemeinden hat 
allerdings an eine besondere Genehmigung der deutschen Verwaltung geknüpft werden müssen; dies 
ist aber lediglich geschehen, um zu verhindern, daß die wirtschaftliche Lage der Gemeinden durch 
unnötige und kostspielige Arbeiten gefährdet würde. Daß sich bei der Abbeförderung der belgischen 
Arbeiter Schreckensszenen abgespielt hätten, entspricht nicht den Tatsachen, vielmehr ist der Abtrans 
port ohne jede Härte und mit aller tunlichen Rücksicht vor sich gegangen. Weder in Deutschland noch 
in den besetzten Teilen Frankreichs werden die belgischen Arbeitslosen zwangsweise zu völkerrechtlich 
untersagten Arbeiten herangezogen. Wenn Requisitionen von Fabrikmaterial stattgefunden haben, 
so waren sie durch die Bedürfnisse des Heeres geboten und demzufolge gemäß Artikel 52 der Haager 
Landkriegsordnung gerechtfertigt. 
Auch wegen weiterer von der Berliner spanischen Botschaft vorgebrachter Punkte, wie z. B. hin 
sichtlich der Entlohnung und des Postverkehrs, konnten befriedigende Erklärungen abgegeben werden. 
8. Dezember 1916. 
Der Berliner schweizerische Gesandte hat bei Gelegenheit einer Unterredung mit dem 
Reichskanzler zur Sprache gebracht, daß die in der Schweiz verbreiteten Gerüchte über die Fort 
führung belgischer Arbeitsloser nach Deutschland unter der schweizerischen Bevölkerung Beunruhigung
	        
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