Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Erster Band (I. / 1913)

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Die politischen Folgen der Kriegsereignisse für Europa. 
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keinen Vorteil bringen, sondern höchstens der 
Türkei, die einen Versuch machen könnte, sich 
zu erholen. Je mehr Territorium wir besitzen, 
und je mehr wir von dem Ideal der Verjagung 
der Türken aus Europa de facto verwirklichen, 
desto leichter wird dann die Legalisierung eines 
neuen Zustandes sein. 
Cs ist übrigens gar kein Grund, nicht trotz 
dem schon jetzt zu verhandeln. Erinnern Sie sich 
an 1878; damals standen die Nüssen noch bei 
Kazanlik, nicht weit von Stara Iagora, als die 
ersten türkischen Friedensunterhändler erschienen. 
Als die Nüssen bei Adrianopel angelangt waren, 
kamen abermals türkische Unterhändler. Die 
Nüssen drangen weiter bis an die Tschataldscha- 
linie, worauf die Engländer in den Bosporus 
einfuhren. Die Nüssen gingen weiter nach San 
Stefano und da kam der Friede zustande. 
die Mächte selbst kaum einen solchen wünschen. 
Die Mächte wissen, das) die Türken auf einem 
Kongreß sofort leugnen würden, das) sie ge 
schlagen seien. Nus alle Fälle sind wir, ohne 
unsere großen Verluste irgendwie bemänteln zu 
wollen, infolge des absoluten Zusammenbruches 
der militärischen Türkei stark genug, um auch, 
wenn uns jemand wider Erwarten in den Nücken 
fallen wollte, nicht zu verzweifeln. 
Die Entsendung europäischer Schiffe nach 
Konstantinopel begrüßen wir; sie stellt eine ge 
rechtfertigte Vorsichtsmaßregel dar und muß auch 
die Wirkung eines Kordons haben, durch den 
der Einbruch asiatischer Horden nach Konstan 
tinopel verhindert wird. 
So weit der Balkandiplomat. Von anderer, 
ebenfalls den Balkanregierungen nahestehender 
Seite wurde offen erklärt, ehe die Verbündeten 
pristina. 
Die Bulgaren werden gleichfalls weiter- 
dringen, sind aber viel zu nüchtern denkend, um 
Konstantinopel besetzen oder gar behaupten zu 
wollen. Sie haben nicht die geringste Lust, die 
Kreise gewisser Mächte zu stören. Die Ver 
bündeten haben es nur mit der Türkei zu tun, 
würden aber den Bemühungen der Mächte 
keinen Affront antun, vorausgesetzt, daß die 
Mächte weder an die Aufrechterhaltung des 
Status quo, noch an bloße, wenn auch garan 
tierte Neformen für Mazedonien denken, und 
wenn das von einigen aufgestellte Prinzip, „der 
Balkan den Balkanvölkern!" wirklich bedeutet, 
daß wir behalten, was wir mit so ungeheueren 
Opfern errungen haben. 
Sie sagen, daß zur Analogie von San 
Stefano auch der Berliner Kongreß gehört. Der 
Meinung bin ich nicht. Ich hoffe, daß man uns 
keinen Kongreß aufzwingt, schon deshalb, weil 
sich in Unterhandlungen einlassen könnten, müßten 
Adrianopel, Saloniki und Skutari gefallen und 
an der Tschataldschalinie die große Schlacht ge 
schlagen sein, die man erwartete. 
Von Bulgarien wurde folgendes gemeldet: 
Die Aussicht, daß die Anregung einer Ver 
mittlung in Bulgarien im gegenwärtigen Zeit 
punkt nach den großen Erfolgen bei Lüle Burgas 
und Sarai und vor der bei Tschataldscha zu 
bietenden Schlacht Gehör finden könnte, ist nun 
ganz geschwunden. Es wird geltend gemacht, daß 
der Balkanbund nach einem entscheidenden Sieg 
bei Tschataldscha in der Lage sein werde, mit 
größeren Forderungen als jetzt aufzutreten. Die 
Annahme einer Intervention, vor diesem mit 
Bestimmtheit zu erwartenden Erfolge, würde daher 
den Interessen nicht bloß Bulgariens, sondern 
aller vier verbündeten Staaten zuwiderlaufen. 
Der früher außerhalb der Armee nur von einem
	        
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