Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Erster Band (I. / 1913)

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Die türkische Niederlage bei Lüle Burgas. 
am 
Superiorität ?it erkennen. Vichtsdestoweniger 
nahm während des Dienstag nachmittags das 
unaufhörliche Feuer der bulgarischen Infanterie 
an Umfang zu und offenbar brachten die Bul 
garen große Verstärkungen in ihre Schützen 
linie. Die türkischen vorgeschobenen Stellungen 
vor Lüle Burgas wurden unhaltbar. Die Truppen 
zogen sich in bewunderungswürdiger Ordnung 
auf den linken Flügel der Hauptstellung Torghut 
Schefkets zurück, den Flügel, der die eiserne 
Bahnbrücke über den Ergene schützte. Die Stadt 
selbst wurde von beiden Seiten Dienstag nachts 
und Mittwoch nicht beseht, aber von bulgarischen 
Geschossen in Brand gesteckt. 
Bei Anbruch des Mittwoch wurde die ganze 
Front von 32 Kilometern entlang heftig ge 
kämpft. Die Bulgaren begannen mit einem An 
griff auf die Brücke. Der nördliche Zugang zur 
Brücke ist maskiert durch ein Dorf und einige 
Gehölze. Die bulgarische Infanterie besetzte 
diesen dominierenden Punkt, aber die in der' 
Vähe der Brücke verschanzten Türken trieben die 
Bulgaren zurück. Gegen Mittag konzentrierte 
aber die bulgarische Infanterie ihr Feuer auf das 
türkische Zentrum, das von der 12. Division ge 
bildet wurde. Das Schrapnellfeuer brachte der 
türkischen Infanterie große Verluste bei. 
Der panikartige Vückzug. 
Gleichfalls von einem englischen Korrespon 
denten, der im türkischen Lager stand, stammt 
folgender Bericht aus Tschorlu: 
Ein nicht wieder gutzumachendes Unheil hat 
die türkische Armee befallen, sie hat eine furcht 
bare Mederlage erlitten, worauf Verwirrung und 
Flucht folgten. Zutzeit sind die vier schönen 
Korps, die Abdullahs Armee bildeten, geschlagen 
und dezimiert. Die Verteidiger flohen aufgelöst 
vor den angreifenden Bulgaren und ich bin nun 
neugierig, wann die Hauptstadt in die Hand 
des Siegers fällt. 40.000 Mann der besten 
türkischen Truppen sind gefallen. Abdullah selbst 
entkam mit knapper Vot dem Schicksal der Ge 
fangennahme, 75 Prozent seiner Artillerie siel 
in die Hände des Feindes. Die Armee Abdullah 
Paschas schien wie Schnee vor Sonnenschein zu 
schmelzen,- dieses Davonlaufen, einmal begonnen, 
wurde allgemein. Die Regimenter zerfielen in 
Kompagnien, die Kompagnien in kleine Gruppen, 
bis jede Verbindung aufhörte und die Demorali 
sation eine vollständige wurde. Ein Teil der 
Armee fand den Weg zurück nach Tschorlu. 
Die bulgarische Artillerie feuerte fürchterlich in 
sie hinein und warf Tausende nieder. 
Ich war einer von den zwei Engländern, 
welche von den retirierenden Türken in diese 
wilde Bewegung mitgerissen wurden. Ich habe 
viele Feldzüge mitgemacht, aber zum erstenmal 
bei einer geschlagenen und fliehenden Armee und 
ich sah furchtbare Szenen, die immer in meiner 
Erinnerung bleiben werden. 
Der Vückzug begann frühzeitig am Donners 
tag und von da ab war ich mit wenigen Unter 
brechungen für Schlaf unterwegs und zwei Tage 
ohne Vahrung, bis ich Konstanza Sonntag 
nachmittags erreichte. In einer früheren Depesche 
gab ich eine Darstellung der Schlacht bei Lüle 
Burgas. Ich erwähnte, daß die Bulgaren nach 
dem Siege von Kirkkiliffe südöstlich vorgingen, 
und genügende Streitkräfte bei Adrianopel zurück 
lassend, die neue türkische Position durch zwei 
Tage bombardierten und schließlich durch In 
fanteriestürme niederrangen. Ich meldete, wie 
die Mustafiz sich benahmen und nach Tschorlu 
flohen und von den schrecklichen Szenen, wie 
die türkische Landbevölkerung vor den anrücken 
den Bulgaren flüchtete. Um jedes Mißverständ 
nis zu vermeiden, will ich nochmals die Position 
der türkischen Armee nach Kirkkiliffe beschreiben: 
Die Türken hatten sich südöstlich zurück 
gezogen und eine neue Stellung bezogen. Der 
linke Flügel, bestehend aus dem vierten Korps 
unter Abick Pascha war in Baba Eski auf den 
Höhen westlich von Lüle Burgas, dann kam 
das erste Korps unter Favir Pascha, die türkische 
Linie ging dann nach Bunar Hissar, wo das 
zweite Korps unter Vazim Pascha lag. An der 
äußersten rechten Flanke, basiert auf Viza, war 
das dritte Korps unter Mukhtar Pascha. Am 
Dienstag war das vierte Korps in der äußersten 
Linken mit dem Feinde engagiert. Die Türken 
hielten die Höhen westlich von Lüle Burgas, 
die Bulgaren gingen, unterstützt durch ihre Ar 
tillerie, vor und trieben die Türken in der 
Mchtung nach Lüle Burgas zurück. 
Während der ganzen Schlacht hat sich die 
Überlegenheit der bulgarischen Artillerie sehr be 
merkbar gemacht. Die türkische Artillerie konnte 
dem mörderischen Feuer nicht standhalten und 
zog sich langsam zurück. Viele Kanoniere waren 
tot, die Mehrzahl ihrer Pferde getötet, so daß 
die Artillerie gezwungen war, viele Geschütze 
aufzugeben. Die Bulgaren, voll Energie, drängten 
stürmisch vorwärts. Schließlich hatten sie die 
Türken nachmittags aus Lüle Burgas heraus 
bombardiert. Die Einwohner waren glücklicher 
weise früher geflohen, so daß die Verluste unter 
den Zivilisten unbedeutend sind. Vachdem das 
Feuer der Türken zum Schweigen gebracht war, 
stürmte die Infanterie die Stadt und nahm sie 
mit den Bajonetten. Der größte Teil der türki 
schen Garnison hatte sich bereits zurückgezogen, 
der Rest war als Vachhut zurückgeblieben und 
wurde wie Vatten in der Falle gefangen. Die 
Soldaten des vierten Korps, obzwar seit zwei 
Tagen ohne Vahrung, leisteten energischen, aber 
nutzlosen Widerstand und fielen bis auf den
	        
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