Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

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von regionären Vereinigungen, von Unterstellen, die sich 
teils selbständig, teils auf eine von oben gegebene Anregung hin 
gebildet haben, die sich leicht bilden konnten, weil seit Jahr 
zehnten draußen allenthalben Organisationen der sozialen Fürsorge 
bestehen, es fast zum guten Ton gehört, auf diesem Gebiete tätig 
zu sein. Während in Deutschland und insbesondere in Preußen 
— wenigstens in dessen vorgeschrittenen Provinzen — die pro 
vinziellen Fürsorgeausschüsse „die dauernde Zusammenfassung 
aller staatlichen und freien Kräfte“ herbeiführen sollen, mußten 
bei uns — von Ausnahmen abgesehen — diese Kräfte erst ins 
Leben gerufen werden. 
Es ist also bei uns nicht ausschließlich Schuld von 
Einzelpersonen, nicht allein der Fehler der Organisatoren, wenn 
wir auch heute noch nicht über die notwendigen Einrichtungen 
verfügen; aber doch ist wohl ein großer Teil der Schuld den 
Organisatoren und der Art der Organisation beizumessen. Man 
hat einerseits der Berufsberatung und der Einarbeit in den alten 
Beruf nicht jene Bedeutung beigemessen, die ihnen zukommen muß, 
man hat anderseits sich bei uns von vornherein an einen allzu 
kleinen Kreis gewendet, alles allz'usehr bureaukratisiert. Während 
draußen die Aufforderung zur Mitarbeit an alle gewerblichen 
Fachschulen, an alle gewerblichen Aufsichtsbeamten, an Arbeit 
geber- 'und Arbeitnehmer Organisationen erging — die Gewerk 
schaften haben der Berliner städtischen Kriegsbeschädig tenfür- 
sorge 250 und der Provinz Brandenburg 800 Berufsberater zur 
Verfügung gestellt — hat man bei uns einzelne Personen „berufen“, 
vom Ministerium für öffentliche Arbeiten wurden einzelne Per 
sonen zu „Vertrauensmännern“ ernannt. Man hat $l\zu große Angst 
vor der Mitwirkung vieler, man hat aber auch ,allzu große Angst 
vor anderer als. Unter strenger staatlicher Aufsicht stehender 
Tätigkeit. Einzelne kleine Sondergebiete hat man besonderen 
Organisationen überlassen, auf dem Hauptgebiete sollte alles 
nur ja unter dem unmittelbaren Einfluß der Ministerien 
und Statthaltereien stehen. Dieser Wunsch, alles zu zen 
tralisieren, alles mit einem Amtsstempel zu versehen — die 
für die „Gesellschaft zur Fürsorge für Kriegsinvalide“ ge 
machte Ausnahme ist um so merkwürdiger, als sie weder durch 
die 'Vorgeschichte, noch Art oder Umfang der Tätigkeit dieser 
Gesellschaft gerechtfertigt erscheint —, hat gewiß nicht weniger 
zu den gekennzeichneten Mängeln beigetragen als unsere gesamte 
Rückständigkeit .auf dem Gebiete sozialer Fürsorge. 
Gewiß ist dadurch schon manches versäumt worden, was 
nicht mehr gut zu machen ist — aber die größten Auf 
gaben stehen uns ja noch bevor. Es ist immerhin nur 
ein Bruchteil der Kriegsinvaliden aUs dem Heeresverband entlassen 
worden Und hat versucht, in das Erwerbsleben zurückzukehren, 
weit größer wird die Zahl derer sein, die noch im weiteren Ver 
laufe des .Krieges, bei Und nach der Demobilisierung der Fürsorge 
bedürftig sein werden. Es ist noch immer Zeit, Fehlen- 
des zu schaffen, Versäumtes nachzuholen.
	        
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