Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

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. kszahi; wo diese beiden Bestrebungen in Gegensatz zuein 
ander treten, ist unbedingt der zweitgenannten die größere Wich 
tigkeit. beizumessen. 
Gewiß wird es sich als unmöglich erweisen, den Schritt, den 
die Frauenarbeit während des Krieges nach vorwärts gemacht hat, 
in seiner Gänze wieder zurückzumachen. Die Frauen, die infolge* 
des Krieges unverheiratet bleiben, und die Kriegswitwen werden 
gezwungen sein, durch Berufsarbeit sich eine Existenz zu 
schaffen, die Frauen von Invaliden werden mitverdienen müssen; 
aber je mehr Frauen in der Berufsarbeit stehen werden, um so 
notwendiger wird weitestgehender Schutz der Frau vor 
den Gefahren und den Folgen der Berufsarbeit 
sein, insbesondere verheiratete Frauen und 
Mütter unmündiger Kinder werden besonderen Schutzes be 
dürfen: Ausschluß von besonders schwerer oder gefährlicher 
Arbeit, achtstündiger Maximalarbeitstag, freier Samstagnach 
mittag, jährlicher Urlaub werden gesetzlich festgelegt werden 
müssen. 
Auch auf die L o h n li ö h e werden sich die Arbeiterschutz 
gesetze erstrecken müssen; man wird sich bemühen müssen, 
durch Einführung von Lohnämtern dahin zu wirken, daß der Lohn 
der Frauenarbeit bei entsprechenden Leistungen ebenso hoch sei 
wie der der Männerarbeit, schon deshalb, weil die Anschauung, 
daß der Mann als Familienerhalter einen höheren Lohn brauche 
als die Frau, für die vielen Kriegswitwen auch nicht mehr den 
Schatten einer Berechtigung haben wird. 
Es wird also dringend notwendig sein, daß die Bestimmungen 
zum Schutze weiblicher Arbeiter, die bei Kriegsbeginn teils auf 
gehoben oder deren Uebertretung stillschweigend geduldet wurde, 
sofort nach Kriegsschluß wieder in Kraft gesetzt werden, und daß 
neue, weitergehende Schutzbestimmungen hinzugefügt werden. 
Was vom Arbeiterinnenschutz gilt, gilt ebenso vom Schutz 
der Jugendlichen und vom Arbeiterschutz über 
haupt. Die Bestimmungen über Kinderarbeit, über Arbeit 
der Jugendlichen — Bestimmungen, die am Beginn allen Ar 
beiterschutzes stehen sind auch nicht aus irgendwelchen Vor 
urteilen oder auf Grund von Gefühlsmomenten erlassen worden; 
sie verdanken vielmehr in Preußen sowohl als auch in Oester 
reich ihre Entstehung direkt dem Eingreifen der Militärbehörden, 
die feststellen konnten, daß die Bekrutierungsergebnisse schlechte 
wären in jenen Bezirken, in denen Kinderarbeit und Arbeit 
Jugendlicher in den Fabriken gebräuchlich war. Wenn heute über 
»die Verwahrlosung der Jugendlichen geklagt wird, so finden wir 
genau dieselben Klagen in jenen früheren Zeiten und in jenen 
Iündern, in denen Kinder früh ins Erwerbsleben eingetreten. In 
allen derartigen Berichten —- man vergleiche insbesondere die 
Berichte über England'in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhun 
derts — wird ebenso lebhaft wie über die verderblichen Folgen 
der Erwerbsarbeit auf den kindlichen Körper, auch über die auf 
die geistige und moralische Entwicklung der Kinder geklagt. 
Es war gewiß begreiflich, daß man im Kriege, in der Not 
des Augenblicks, bei dem dringenden Bedarf an Arbeitskräften diese 
dort nahm, wo man sie finden konnte: unter den Frauen, den Jugend 
lichen und Kindern, die zur Erwerbsarbeit auch schon deshalb willig
	        
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