Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
entstand. Die dortigen Abteilungen machten sich ebenfalls 
zur Flucht bereit. Kenhardt und sein Unterbefehlshaber 
waren besonders schnell beim Rückzug. Nicht mehr als 
neun Mann dieser Abteilung taten voll ihre Pflicht, die 
anderen leisteten zwar auch einige Zeit Widerstand, sahen 
aber bald, daß die Truppen von Maritz sie völlig zu umzingeln 
drohten, weshalb sie sich mit den übrigen 250 Mann zurück 
zogen. 
Infolge der Plötzlichkeit des Angriffs verloren die 
Regierungstruppen viele Gefangene; ein englisches Ma 
schinengewehr, zwei Wagen mit 800000 Patronen, 25 Kriegs 
wagen sowie die englischen Ambulanzen mit völliger Aus 
rüstung fielen in die Hände von Maritz. Dieser wurde in 
der englischen Presse mit leidenschaftlichem Haß als Ver 
räter angegriffen. Trotzdem mußten auch die Engländer 
seiner Tüchtigkeit Anerkennung zollen. — 
In Afrika hatten wir aber nicht nur gegen die Franzosen 
und Engländer, sondern auch gegen die Portugiesen zu 
kämpfen. Wir haben der deutschfeindlichen Bewegung in 
Portugal selbst bisher keine Beachtung geschenkt, weil sie 
bedeutungslos war. Portugal ist ein Vasall Englands und 
ihm finanziell stark verpflichtet. Unter Englands Einfluß 
erklärte sich die portugiesische Regierung für die Entente 
mächte und für den Krieg gegen Deutschland. Freilich 
ist diese Erklärung auf dem Papier geblieben, denn im 
Verhängung des Kriegsrechtes mit diesen unsicheren Zu 
ständen zusammenhing. Man konnte aber auch in ihr den 
Vorläufer der Verhängung des Belagerungszustandes über 
die ganze an Deutsch-Südwestafrika grenzende Angola 
kolonie erblicken. 
Im Oktober sollen sich auch an der Grenze von Deutsch- 
Südwestafrika und Angola blutige Vorgänge abgespielt 
haben, bei denen drei Deutsche, ein höherer Bezirksbeamter 
und zwei Offiziere, auf portugiesischem Gebiet getötet 
wurden. 
Am 20. Oktober wurde berichtet, daß in Lissaboner 
offiziellen Kreisen das Gerücht umgehe, Portugal werde 
seine Kriegserklärung an Deutschland damit begründen, 
daß die Deutschen unter dem Vorwände der von 
Eingeborenen hervorgerufenen Unruhen in das portu 
giesische Gebiet von Riazza eingedrungen seien und dort 
einen Unteroffizier und vier eingeborene Soldaten er 
schossen hätten. Das Lissaboner Kabinett habe deswegen 
bereits Erklärungen von Deutschland verlangt. Es ist 
nicht ausgeschlossen, daß es sich hier um einen Erenz- 
zwischenfall handelt, bei dem auch die eben erwähnten 
Deutschen getötet wurden. Die Sache blieb bis jetzt un 
aufgeklärt, und die in Aussicht gestellte Kriegserklärung 
Portugals ist nicht erfolgt. Am 30. November aber teilte 
der portugiesische Gesandte in Rom einem italienischen 
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General der Infanterie d'Elsa. #* ot - ^penhoff, Leipzig. General v. Gersdorff. ** Dresden. 
Die Führer der siegreichen sächsischen Infanterie bei Craonne. 
ganzen Lande erhob sich eine mächtige Opposition gegen 
den Krieg, und von vielen Seiten wurde auf das Schicksal 
Belgiens verwiesen, das sich auch für England hingeopfert 
habe. 
Tatsächlich ist das von inneren Unruhen zerwühlte 
Land zu einem Kriege gegen Deutschland nicht gekommen 
und konnte dies um so weniger, als sogar die Militär 
partei gegen den Krieg war. iAnfang Februar sah sich 
der portugiesische Senat veranlaßt, umzuschwenken und 
seine Neutralität zu erklären. Die ganze Bewegung hat 
also, soweit das Mutterland Portugal in Frage kam, zu 
nichts geführt. In Afrika dagegen gerieten Portugal und 
Deutschland in Kampf. Auch hier gaben den Anstoß 
Hetzereien des Dreiverbandes, der aussprengen ließ, 
Deutschland beabsichtige die portugiesische Kolonie Angola 
anzugreifen. 
Die Folge war, daß, wie Reuter am 14. Oktober meldete, 
der Gouverneur von Angola die Kolonie Portugiesisch- 
Kongo (Kabinda) in Belagerungszustand erklärte. Por- 
tugiesisch-Kongo oder Kabinda ist ein sehr kleiner, von der 
eigentlichen Kolonie Angola räumlich getrennter Teil 
dieser Kolonie, der nördlich der Kongomündung liegt, einge 
keilt zwischen Französisch-Kongo und dem an die Küste 
vorstoßenden Zipfel der belgischen Kongokolonie. Der 
Bezirk, der dem in Loanda residierenden Eeneralgouverneur 
unterstellt ist, war einige Wochen vorher Schauplatz eines 
Eingeborenenaufstandes gewesen. Es ist möglich, daß die 
Juristen mit, daß die Abfahrt eines Expeditionskorps von 
Lissabon nach der afrikanischen Kolonie Angola unmittelbar 
bevorstehe. Die Deutschen bedrohen, so fügte der Gesandte 
hinzu, die portugiesische Kolonie und haben bereits drei, 
allerdings vergebliche Angriffe auf die Grenze unter 
nommen, so daß die Regierung gezwungen ist, für die Ab 
wehr zu sorgen und eine weit ausgreifende Aktion einzu 
leiten. 
Endlich wurde aus Madrid unterm 28. Dezember ge 
meldet, daß nach aus Lissabon eingetroffenen Meldungen 
das portugiesische Expeditionskorps unter dem Oberbefehl 
des Obersten Rocadas gegen die deutschen Kolonialtruppen 
eine schwere Niederlage erlitten habe. Die Truppen hatten 
die deutsche Grenze überschritten, als sie von einer starken 
deutschen Truppenabteilung plötzlich angegriffen und in 
die Flucht getrieben wurden. Die Portugiesen versuchten 
dann, sich nach dem auf portugiesischem Gebiet gelegenen 
Naulila zurückzuziehen. Die Verfolgung seitens der 
Deutschen war aber so heftig, daß es dem Feinde nicht ge 
lang, den genannten Platz zu halten. Naulila befand sich 
bald in deutschem Besitz. Der portugiesische Kolonial 
minister brachte diese Tatsache in der Kammer zu Lissabon 
den Abgeordneten selbst zur Kenntnis. 
Es steht zu hoffen, daß dieser Zusammenstoß zwischen 
Deutschen und Portugiesen in Afrika der letzte gewesen ist, 
nachdem sich Portugal nunmehr, wie wir erwähnten, für 
neutral erklärt hat. (Fortsetzung folgt.)
	        
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