Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
zunutzen weiß als zu Spazierfahrten vor den 
heimischen Nordhäsen. Gewiß, wenn unser Flot 
tenchef eines Tages dort erschiene, wozu er oft ge 
nug von den Gegnern freundlichst aufgefordert 
wurde, so würde Admiral Beatty mit größter 
Freude eine Schlacht annehmen. Aber diesen Ge 
fallen können wir ihm nicht tun, denn für unsere 
Flotte liegt nicht der geringste Anlaß vor, die Un 
gleichheit der Kräfte auch noch durch die Nach 
teile eines Kampfes in größerer Nähe der bri 
tischen als unserer eigenen Stützpunkte zu ver 
mehren. 
Ihre Aufgabe ist als erfüllt anzusehen, solange 
der Gegner sich durch das Bewußtsein ihrer steten 
Kampfbereitschaft von jeder offensiven Betätigung 
abhalten läßt. Sollte er das eines Tages nicht 
mehr tun, so wird unsere Hochseeflotte sicher nicht 
einen Augenblick zögern, ihm entgegenzutreten. 
Nach den vor dem Skagerrak gemachten Erfah 
rungen haben die Besatzungen unserer schönen Hoch 
seeflotte keinen sehnlicheren Wunsch, als daß dieser 
Fall eintritt, aber sie werden wohl vergebens dar 
auf warten: der Geist Nelsons lebt schon lange nicht 
mehr in der britischen Flotte» deren einzige wirklich 
hervorragende Leistung bisher nur der Abbau des 
verfehlten Eallipoliunternehmens war, was mit 
einer Offensive doch wahrhaftig nicht das geringste 
zu tun hatte. 
Für ihre Untätigkeit ließe sich als Entschuldi 
gung nur die ungeheure Anzahl von treibenden 
Minen anführen» die das Befahren der Nordsee, 
zum mindesten bei Nacht, mit den größten Ge 
fahren verbunden erscheinen lassen. Allein an der 
niederländischen Küste sind seit Kriegsbeginn weit 
über 5000 Minen angetrieben, die größtenteils 
nicht entschärft sind, wie dies in der Haager Kon 
vention vorgeschrieben war. 
Daß auf den deutschen Uberwasserschiffen der 
Geist kühner Offensive in den Jahren nervenauf 
reibenden Wartens auf eine zweite große Schlacht 
noch so frisch und lebendig wie je ist, bewiesen ver 
schiedene schneidige Vorstöße unsererleich- 
ten Streitkräfte im Frühjahr 1918, bei 
denen feindliche Küstenplätze wirksam unter Feuer 
genommen, einmal sogar die Wachtfahrzeuge vor 
den Kanaleingängen fast völlig vernichtet wurden, 
sowie die glückliche Heimkehr des Hilfs 
kreuzers „Wolf" unter Fregatte n- 
Die Ereignisse zur See im achten Kriegs 
halbjahr. 
Von Kapitän zur See a. D. v. Pustau. 
(Hierzu die Bilder Seite 206 und 207.) 
i. 
Je länger der furchtbare Krieg dauert, desto schärfer tritt 
uns der grundsätzliche Unterschied in der Verwendung der 
Hauptstreitmacht im Land- und im Seekriege vor Augen. 
Während die Armeen im Osten wie im Westen ungezählte 
mörderische Schlachten geschlagen haben und auch in den 
Pausen zwischen diesen kein Tag vergeht, wo nicht an 
vielen Stellen der Front größere oder kleinere Gefechts 
handlungen vor sich gehen, haben die beiderseitigen Panzer 
flotten nur ein einziges Mal, am 30. Mai 1916 in der Schlacht 
vor dem Skagerrak, ihre Kräfte gemessen. 
Die britische Admiralität rühmte sich damals, trotz der 
weit größeren Verluste, die die deutsche Hochseeflotte der 
mehr als doppelt so starken Hauptmacht des Admirals 
Jellicoe zugefügt hatte, einen entscheidenden Sieg errungen 
zu haben. Aber sowohl der angebliche Sieger wie sein Nach 
folger Admiral Beatty haben uns seither noch nicht ein ein 
ziges Mal die Gelegenheit zu einer zweiten Schlacht gegeben, 
obwohl gerade im achten Kriegshalbjahr der Ruf: „Was 
macht eigentlich unsere Milliardenflotte?" in der gegne 
rischen Presse lauter als je erhoben wurde. 
Es ist in der Tat sehr merkwürdig, daß England auch 
jetzt, wo sich die Lage unserer Gegner im Landkriege so 
sehr verschlechtert hat, noch immer die riesige ziffern 
mäßige Übermacht seiner Panzerflotte nicht besser aus 
Seite 199). 
Das Schiff hatte» die schönen Rekorde der beiden „Möwe"- 
Fahrten noch weit hinter sich lassend, mit einer fünfzehn- 
monatigen Kreuzfahrt im Atlantischen, Indischen und 
Stillen Ozean 35 Schiffe mit 210 000 Bruttoregister 
tonnen versenkt und durch Auslegung von Minen in den 
belebtesten Handelstraßen den Verkehr in den fernen Meeren 
aufs schwerste beeinträchtigt. Mit vielen Hunderten von 
Gefangenen und einer wertvollen Millionenbeute an Bord 
durchbrach Nerger Ende Februar die Nordseeblockade zum 
zweiten Male unangefochten. Die S. M. S. „Wolf" be 
gleitende Prise „Jgotz Mendi" strandete leider in letzter 
Stunde vor dem Erreichen eines deutschen Hafens bei 
Nebel an der jütländischen Küste und ging so für uns ver 
loren. 
Auch in der Ostsee haben sich Teile der Hochsee 
flotte bei der Expedition nach Finnland unter den denkbar 
schwierigsten Wetter- und Eisverhältnissen glänzend be 
währt und durch ihr schneidiges Vorgehen» besonders in 
Helsingfors, viel dazu beigetragen, daß der rote Terror 
in verhältnismäßig kurzer Zeit unterdrückt wurde. Nach 
dem in dem schwergeprüften Lande eine uns befreundete 
Regierung zur Herrschaft gelangt war, sind wir mit Lib au, 
Oe sei, Riga und Reval in unserem Besitz zum 
schweren Kummer der Engländer unbestrittene Herren in 
der Ostsee geworden. 
Das gleiche galt vom SchwarzenMeere nach der 
Besetzung von Sebastopol und dem Unschädlichmachen der 
Bolschewiki auf den ehemals dort stationierten russischen 
Kriegschiffen. 
Vor denDardanellen und der kleinasiatischen
	        
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