Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
fügung und der Glättung wird 
der Faden noch gekreuzt, so daß 
er sich aneinander reibt und fest 
anschmiegt, bevor er zu einer 
Strähne aufgehaspelt wird. 
Die Einzelfäden der Kokons 
werden mit Hilfe von Bürsten 
aus Pflanzenfasern gefunden, die 
man so lange gegen die Kokons 
schlägt, wegzieht und nähert, bis 
alle die außen anhaftenden zerris 
senen Fäden an ihnen hängen ge 
blieben sind und der Einzelfaden 
zum Vorschein kommt. Dieses Schla 
gen mit der Bürste kann mit der 
Hand oder durch sich mechanisch 
drehende Bürsten, sogenannte Bat- 
teusen, geschehen. Die zerrissenen 
Fäden werden von der Bürste ab 
gestreift und zu Bündeln vereinigt; 
sie bilden einen wertvollen Abfall, 
der zur Florett- oder Chappeseide 
verarbeitet wird. 
Das Aufhaspeln der Seide er 
fordert große Geschicklichkeit, die 
nur durch jahrelange llbung erlangt 
werden kann. 
Der Betrieb einer Seidenspin 
nerei begreift in sich verschiedene 
Arbeiten, die wir im nachstehen 
den einzeln beschreiben. 
Gleich nach der Ernte, die im 
Juni erfolgt, müssen die Kokons, 
wie auf unserer ersten Abbildung 
Seite 90 ersichtlich, durch Dampf 
oder besser heiße Luft bei einer 
Temperatur von nahezu 80 Grad 
Celsius getötet werden, weil sich 
sonst die darin befindliche Puppe in 
den Schmetterling verwandelt, der 
den Kokon durchbohren und damit 
für das Aufhaspeln unverwendbar 
machen würde 
Die getöteten und ausgetrock 
neten Kokons werden einer sorg 
fältigen Auswahl unterworfen, um 
fehlerhafte, fleckige und mißfarbige 
von den vollkommenen auszuschei 
den (siehe Bild Seite 91 oben), 
nur die letztgenannten liefern die 
tadellose Rohseide erster Güte, die 
teuerste im Preise. 
Das Aufhaspeln erfolgt in der 
in der nächsten Abbildung darge 
stellten Spinnerei (Filanda), wo 
Hunderte von geschulten Arbeite 
rinnen vor ihren kupfernen Spinn 
kesseln sitzen, jede von einem jun 
gen Mädchen. der Schlägerin, be 
dient, die den Einzelfaden des Ko 
kons durch Schlagen mit der Bürste 
aufzufinden und dann der Hasplerin 
zu übergeben hat. Diese zieht gleich 
zeitig durch mehrere Ösen (4 bis 8) 
die nötigen Rohseidenfäden, indem sie den äußerlich er 
weichten, daher klebrigen Einzelfaden mehrerer Kokons 
zu einem glatten Rohseidensaden vereinigt und auf dem 
sich mechanisch rasch drehenden Halpel in ebensovielen 
Strähnen, als Ofen sind, aufwiudet 
Die lose auf den Haspel gewickelten Strähnen werden 
täglich abgenommen und, wie es die weitere Abbildung 
veranschaulicht, durch einfache Windevorrichtungen derartig 
fest zusammengedreht, daß sie sich nicht mehr auflockern 
können. Dann kommen sie in geeigneter Verpackung in 
den Handel. Bevor sie für die Weberei Verwendung 
finden, müssen sie noch einer weiteren Verarbeitung, 
gleichsam einer Veredelung unterworfen werden, worauf 
wir aber hier nicht näher eingehen können 
Aus dem Gesagten erhellt zur Genüge, welch schwierige 
Arbeit in den Seidenspinnereien bewältigt werden muß, 
Beschießung der Stadt Bassano am Ausgange des Brentatales in der venezianischen Ebene. 
um die Seide zu gewinnen. Wir müssen den Organen 
der Militärverwaltung der besetzten Gebiete Veneziens die 
gebührende Anerkennung zollen, daß sie es verstanden haben, 
eine durch die Kriegsverhältnisse ins Stocken geratene 
wichtige Industrie wieder in Betrieb zu setzen. Die be 
deutende Seidenweberei in Deutschland und Österreich- 
Ungarn hat dadurch eine mächtige Unterstützung gefunden; 
sie ist in der Lage, beträchtliche Mengen Rohstoff zur Deckung 
ihres Bedarfs zu erhalten, und kann so die Anforderungen 
der Kriegsverwaltung und nicht minder jene der Beklei 
dungsindustrie in gewissem Umfange befriedigen. Die Be 
kleidungsindustrie ist heutzutage höchst wichtig und wird es 
auch in Zukunft bleiben, soweit sie Seidenstoffe verwendet; 
sind doch diese unter den Geweben das, was das Gold 
unter den Metallen und der Diamant unter den Edelsteinen 
sind, nämlich die schönsten, kostbarsten und dauerhaftesten 
Nach einer Originalzeichnung auf Grund von Skizzen nach der Natur von Fritz Neumann 
und viel begehrt 
Stoffe, zu allen 
von allen Völkern 
Zeiten hochgeschätzt 
der Erde. 
Granaten auf Bassano! 
Von Kriegsberichterstatter Walther Oertel. 
^Hierzu das obenstehendc Bild.> 
Am Nordrande der oberitalienischen Tiefebene, dort, 
wo die Brenta aus tiefeingeschnittenem Felstale heraus 
tritt, liegt die Stadt Bassano. Sie zeigt ganz den Typus 
der oberitalienischen Städte: enge, schmale Gassen, überragt 
von einem alten Kastell, dessen Türme trotzig gen Himmel 
ragen. Vor dem Kriege eine unbedeutende italienische 
Landstadt, ist Bassano heute eines der Hauptnervenzentren 
der italienischen Kriegführung geworden. Hier ist der 
Ausgangspunkt für das gesamte Verpflegungs- und Nach 
schubwesen der italienischen Ar 
mee, die, beiderseits der Brenta 
stehend, dem Heere Habsburgs den 
Austritt in die oberitalienische Tief 
ebene verwehrt. Auf dem kleinen 
Bahnhof, dessen Gleisanlagen unter 
dem Drucke des Krieges um das 
Vielfache vermehrt worden sind, 
stehen endlose Güterzüge, vollge 
stopft mit Munition, Proviant und 
allen den zahllosen Dingen» die 
eine Armee zur Kriegführung be 
nötigt. Über das holprige Pflaster 
von Bassano rollen Kolonnen und 
abermals Kolonnen, Autokolonnen, 
Pferdekolonnen, dann wieder Er 
satzformationen, die zur Auffüllung 
der geschwächten Verbände in die 
Berge ziehen, und die langen Züge 
der Munitionstrains der Gebirgs 
artillerie mit ihren kleinen zähen 
Mauleseln. Alles drängt sich in 
den engen Gassen Bassanos zu 
sammen. 
Landleute kommen mit ihren 
Gespannen und vervollständigen 
das malerische Bild. 
Von Norden her rollt dumpf 
der Kanonendonner. Da faucht es 
plötzlich durch die Luft heran. Ein 
Heulen und Sausen, dann ein 
furchtbarer Krach, Eisensplitter 
spritzen nach allen Seiten, aufge 
wühlte Pflastersteine fliegen in der 
Luft herum, eine dichte schwarze 
Rauchwolke zieht langsam den Bo 
den entlang. 
Alles steht wie erstarrt. 
'Bassano liegt unter Feuer. 
Was tun? Deckung nehmen. 
Wo? Nur die Keller bieten einiger 
maßen Sicherheit, in die sich die ver 
ängstigten Einwohner verkriechen. 
Bei den Kolonnen drängt alles 
vorwärts. Nur hinaus aus dieser 
unheimlichen Enge, hinaus auf das 
freie Feld, fort aus der Feuerzone. 
Rücksichtslos brechen sich die 
schweren Lastkraftwagen Bahn, 
fluchend hauen die Fahrer der Ko 
lonnen und Munitionszüge auf 
die müden Pferde ein, sie zu 
rascherer Gangart anspornend, auf 
Nebenwegen und durch Gassen 
suchen sich Truppen und Gebirgs- 
trains aus der Gefahrzone hin 
auszudrängen. 
Abermals das verderbenbrin 
gende Sausen in der Luft. Ein 
Schlag, ein Krach, daß sich die 
Pferde hoch aufbäumen. Mitten 
auf der Straße hat es eingeschlagen 
in eine Pferdestaffel. Zwei Wagen 
sind in Fetzen zerrissen, die Pferde 
zu blutigen Klumpen geschossen, und auch Menschen liegen, 
still oder wimmernd, blutüberströmt am Boden. 
Krach auf Krach, Schlag auf Schlag. Die Vorder 
wand eines Hauses wird aufgerissen, daß man wie in einer 
Puppenstube die ganze Einrichtung offen daliegen sieht, 
Dächer werden durchschlagen, daß die Deckbalken in der 
Luft herumfliegen und die Dachsparren sich wie hilfe 
heischende Arme gen Himmel recken. 
An der bedeckten Brücke, die über die Brenta führt, 
werden Dach und Brücke zerschossen, und endlich faßt eine 
schwere Granate ein Haus mit solcher Wut, daß es sich 
wie ein geknickter Pilz schief auf die Seite legt. 
Schuß folgt auf Schuß. Flammen brechen aus zer 
schossenen Häusern. Manchmal spritzen die Wellen der 
Brenta hoch auf, wenn eine solche Riesenwalze zischend 
in ihre Gewässer fährt. Zerschossene Wagen, umgestürzte
	        
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