Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Der serbische Ministerpräsident 
Paschitsch. 
Graf Leopold v. Berchtold, 
österreichisch-ungarischer Minister 
des Äußern. 
Kronprinz Alexander von Serbien, Erzherzog Friedrich, 
Oberbefehlshaber der serbischen der neue Generalinspekteur der öster- 
Streitkräfte im Kampfe gegen reichisch-ungarischen Armee. 
Österreich-Ungarn. Nach einer Phot, von L. Pietzner, Hofphot, in Wien. 
füllt uns diesen sauberen Verbündeten gegenüber derlkuror 
(l'sutonionZ, der deutsche Zorn gegen die Mörderbande im 
Osten, Zorn gegen die alle ihre freiheitlichen Ideale ver 
leugnenden Franzosen und Zorn vor allem gegen die Nieder 
tracht des englischen Volkes, das sich nicht schämt, da mit 
zutun. Zorn aber ist das aktivste Gefühl, das die Faust 
ballt, das Schwert kraftvoll fassen und den Gewehrkolben 
auf die Schädel der Feinde niedersausen läßt. Zorn macht 
stark, und Zorn erfüllt heute die Herzen unserer tapferen 
Soldaten, die Lüttich gestürmt und die große Schlacht 
zwischen Metz und den Vogesen geschlagen, die den Feind 
aus dem Oberelsaß hinausgeworfen haben, Zorn erfüllt 
uns alle gegen die über uns herfallenden Gegner. Zorn 
ist etwas echt Menschliches und etwas ganz Männliches; er 
ist nichts Unheiliges; auch der Gott des Alten Testaments 
ergrimmte über die Bosheit der Menschen, und der sanft 
mütige Jesus von Nazareth ergrimmte über die schein 
heiligen Pharisäer. Also seien wir zornig, also lassen wir 
dem Zorn Raum: er soll uns helfen, er soll uns zum Sieg 
führen! Und darum rufen wir unserem Heere zu: 
,Sei schrecklich heut, ein Schlotzenwetter, 
Und Blitze laß dein Antlitz spei'n!"' 
Mars schreitet durch die Welt! Ein europäischer Krieg, 
der durch das Vorgehen Japans auch nach Asien über 
greift, ist entfesselt worden, wie ihn die Weltgeschichte noch 
nicht gesehen hat. Sechs Großmächte mobilisierten und so 
tut sich ein Schauspiel von erhabener Schaurigkeit vor 
unseren Augen auf. Heilig seien uns jene Helden, die, für 
deutsche Kultur kämpfend, in diesem Kriege fallen. Und 
dreifach glücklich die Generation, die diesen Völkerkampf 
erlebt und als Sieger daraus hervorgeht. Die Bluttat von 
Serajewo ist der Markstein, von welchem man ausgeht, 
wenn man dieses furchtbare Ringen beschreiben will. Wer 
sich aber auf einen höheren Standpunkt zu stellen ver 
mag, wird erkennen müssen, daß auch ohne den zufälligen 
Anstoß, den jenes Verbrechen gab, die Welt mit Zündstoff 
gefüllt war, der sich endlich mit mächtiger Naturgewalt ent 
laden mußte. Zur Zeit, da wir diese Zeilen schreiben, hat 
das Ringen erst begonnen, aber es kann nicht zweifelhaft 
sein, wer in diesem Kampfe Sieger bleiben wird. Die 
Welt geht nicht zurück, sie schreitet immer vorwärts, und 
nur der unbestrittene Sieg des Dreibundes, der mächtigen 
Schöpfung unseres großen Bismarck und seines hervor 
ragenden Zeitgenossen Grafen Andrassy, kann einen Fort 
schritt unserer Kultur bedeuten. 
Die Bluttat von Serajewo, der der österreichische Thron 
folger und dessen GemahlW zum Opfer fielen, bildete nur 
den äußeren Anlaß zu der begonnenen Abrechnung. Wie 
ein Alp lastete es seit langem auf der friedlichen Mensch 
heit Deutschlands und Österreichs, als ringsum die ver 
bündeten Feinde mit Truppenverschiebungen, Probemobil 
machungen, Verstärkung ihrer Streitkräfte durch Verlänge 
rung der Dienstzeit ihre Absichten verrieten, obwohl sie den 
deutschen Michel mit schönen Worten zu täuschen suchten. 
Mit Bangen haben sich Tausende in unserem Vaterlande 
in dieser Zeit oft die Frage vorgelegt: Werden wir den 
rechten Zeitpunkt nicht versäumen? Wird es nicht zu spät 
sein, wenn wir unsere Gegner erst „ganz fertig" werden 
lassen? Ein Zug der Befreiung ging durch die österreichi 
schen und deutschen Lande, als der greise Kaiser Franz 
Joseph den Serben den Krieg erklärte, um die Monarchie 
freizumachen von den Übergriffen der serbischen Mörder- 
hände. Das war eine Angelegenheit, die allein Österreich 
und Serbien betraf. Daß jetzt Rußland, ohne selbst bedroht 
zu sein, in die Händel zwischen Österreich und Serbien ein- 
griff, nötigte Deutschland, seinem Bundesgenossen zu Hilfe 
zu eilen. Auch auf Deutschland lastete ja schön seit Jahr 
zehnten der Druck der russischen Drohung. Rußlands An 
griffslust war gestärkt worden durch das Drängen der fran 
zösischen Revancheschreier, und von England wußte man 
im voraus, daß es darauf brannte, dem mächtigen Deutsch 
land, dessen sich immer weiter ausdehnende Handels 
beziehungen es längst mit eifersüchtigen Augen verfolgte, 
einen Schlag zu versetzen. Diese Länder wollten den Krieg, 
und die Bluttat von Serajewo, die man als Ursache des 
gegenwärtigen Völkerringens ansieht, war nichts weiter als 
der Funke, der in das volle Pulverfaß europäischer Zwie 
tracht fiel. Es konnte gar nicht anders kommen, als daß 
Deutschland und Österreich sich vor die Aufgabe gestellt 
sahen, durch die Abwehr russischer Kosakengreuel, fran 
zösischer Revanchegelüste und englischer Habgier das Ent 
stehen von Zuständen zu verhüten, die gleichbedeutend 
gewesen wären mit dem Verluste ihrer politischen und kul 
turellen Existenz. 
Bis zum 29. August lagen folgende Kriegserklärungen vor: 
Österreich-Ungarn an Serbien (28. Juli) 
Deutschland an Rußland (1. August) 
Deutschland an Frankreich (3. August) 
Deutschland an Belgien (4. August) 
England an Deutschland (4. August) 
Österreich-Ungarn an Rußland (6. August) 
Serbien an Deutschland (6. August) 
Montenegro an Österreich-Ungarn (7. August) 
Frankreich an Österreich-Ungarn (11. August) 
Montenegro an Deutschland (12. August) 
England an Österreich-Ungarn (13. August) 
Ägypten an Deutschland (13. August) 
Japan an Deutschland (23. August) 
Österreich-Ungarn an Japan (28. August) 
Österreich-Ungarn an Belgien (28. August). 
Einige dieser Kriegserklärungen wirkten geradezu humo 
ristisch, so zum Beispiel die Kriegserklärungen von Serbien 
und Montenegro an Deutschland. Daß Ägypten seine 
Neutralität aufgab, war kein Wunder, denn es steht unter 
dem Protektorate Englands, das dort das Zepter schwingt. 
Aus die Neutralität des Suezkanals brauchen Deutschland 
und Österreich daher keine Rücksicht mehr zu nehmen. 
Gegen Deutschland kämpft im Osten Rußland, im 
Westen Frankreich, Belgien und England. Eine gewaltige 
Kriegsmacht zu Lande, nicht minder aber zur See, wenn 
auch die üherlegene Flottenmacht Englands uns nicht bange 
zu machen braucht, denn sein Flottenbauplan ist noch nicht 
ganz durchgeführt und seine Schiffe sind in der ganzen 
Welt zum Schutze der englischen Kolonien zerstreut. Für 
den europäischen Kriegschauplatz, für eine Seeschlacht
	        
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