Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

230 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
gesetzt, so das; ihre Unterbrechung und damit die vollstän 
dige Einschließung von Nowo - Georgiewsk nur noch eine 
Frage weniger Stunden sein konnte. Denn von dem Feld 
heere hatte die Besatzung der Festungswerke keine Unter 
stützung mehr zu erwarten. Gerade an diesem Tage war 
sein Widerstand durch die Armeen Scholtz und Eallwitz 
zwischen Lomsha und der Bugmündung endgültig gebrochen 
worden. Das Gesamtergebnis der Kämpfe dieser Armeen 
vom 4. bis 6. August bestand in der Gefangennahme von 
85 Offizieren und mehr als 14200 Mann sowie in der Er- 
beutung von 6 Geschützen, 8 Minenwerfern und 69 Ma 
schinengewehren. Auf mindestens 120 Kilometer war die 
russische Kampffront bis zu völliger Auflösung erschüttert, 
obwohl die russische Heeresleitung hier ihre besten Kräfte 
eingesetzt hatte, um nach dem Mißlingen ihres Wider 
standes vor der Linie Cholm—Jwangorod wenigstens die 
nördliche Verkehrsader für den Rückzug zu sichern. An 
diesem ereignisreichen Tage wurden auch Fortschritte in 
der Richtung auf Kowno gemeldet; vor dieser krampfhaft 
gehaltenen russischen Festung waren 500 Gefangene und 
3 Maschinengewehre eine erwünschte und vielversprechende 
Beute. 
Ununterbrochen drangen die deutschen Heere auch an 
dieser Front vor. Am 7. August näherte sich die deutsche 
Narewgruppe der Straße Lomsha—Ostrom—Wyszkow und 
erreichte südlich des letzten Ortes den Bug. An der Bug 
mündung gelang die Besetzung von Serock. Die Ein 
schließungstruppen von Nowo-Eeorgiewsk nahmen an dem 
selben Tage auch Zegrze. Am nächsten Tage gelang die 
endgültige Abschließung von Nowo-Georgiewsk im Osten 
gegen Weichsel und Narew. Die nördlich der Festung kämp 
fenden Truppen überschritten die Straße Ostrom—Wyszkow. 
Gegen die Nord- und Westfront von Lomsha wurden er 
folgreiche Vorstöße gemacht, bei denen 1400 Gefangene, 
7 Maschinengewehre und 1 Panzerauto eingebracht wurden. 
Die Angriffstruppen vor Kowno schoben sich wieder näher 
an die Festung heran und behielten 3 Offiziere, 430 Mann 
und 8 Maschinengewehre. Der nächste Tag brachte in den 
ständigen Gefechten, mit denen sich diesDeutschen der Festung 
näherten, sogar eine Beute von 4 Geschützen außer einigen 
hundert Gefangenen. 
Am Nachmittag des 9. August wurde das Ringen der Armee 
des Generals v. Scholtz von einem Haupterfolg gekrönt. Sie 
durchbrach die Fortslinie von Lomsha, nahm Fort 4 und war 
am 10. bei Tagesanbruch im Besitz der ganzen Festung. 
Südlich der genommenen 
Festung überschritt die 
Nachbararmee kämpfend 
die Straße nach Ostrom, 
das von den Russen an 
diesem Tage noch ge 
halten werden konnte, 
und erreichte den Bug auf 
der ganzen Linie vonBo- 
jany westlich Brok bis 
zur Mündung des Flusses. 
Seit dem 7. August 
machte der hier kämp 
fende Heeresteil 23 Offi 
ziere und 10 000 Mann 
zu Gefangenen. 
Mit Lomsha war die 
ganze Linie der Sperr 
forts am Narew, die die 
sen Fluß zu einem sehr 
wesentlichen Hindernis 
für den deutschen Vor 
marsch gemacht hatte,end 
gültig überwunden. Die 
Basis der früheren rus 
sischen Angriffe auf Ost 
preußen gehörtenunmehr 
den Deutschen und konnte 
von ihnen zum Vorstoß in 
das russische Gebiet aus 
genutzt werden. In der 
Hand der siegreichen deut 
schen Heere mußten diese 
Stützpunkte wertvolle Hilfen werden. Die erste Verteidi 
gungslinie der Russen war durchgebrochen. Kowno und 
Brest-Litowsk waren in diesem Augenblick die feste Stütze 
der zweiten Verteidigungslinie. Doch auch diese Boll 
werke waren bereits schwer gefährdet. «Fortsetzung folgt.) 
Illustrierte Kriegsberichte 
Vermißt und wieder entkommen! 
Im Gefecht bei Pont-s-Mousson (Ende August 1914), 
wo die französische Artillerie, in dem ihr wohlbekannten Feld 
eingeschossen, gut gewirkt hatte, bekam ich mit einigen 
anderen Reserveleuten den Auftrag, für unsere vorgescho 
benen Maschinengewehre unter allen Umständen Munition 
herbeizuschaffen, als die französische Infanterie zum Vor 
gehen sich anschickte. Die Munitionskasten wurden von uns 
unter vorsichtiger Benutzung der Felddeckungen vorwärts ge 
bracht beziehungsweise getragen. Die feindliche Infanterie 
hatte das Gelände unter gehöriges Feuer genommen, und es 
war kein leichtes, mit den Patronenkasten vorwärts zu 
kommen. Es wurde eine Umgehung der besonders vom 
Feuer bestrichenen Zone versucht; die Fühlung wurde da 
bei verloren, und plötzlich befanden wir uns in nächster 
Nähe von vorrückenden Rothosen, die auf uns losstürzten, 
uns überwältigten und zu Gefangenen machten. 
Gegen Abend wurden wir gefesselt in das etwa vier 
Kilometer zurückliegende Lager der Franzosen gebracht und 
daselbst von einem Deutsch sprechenden Kapitän gründlich 
ausgefragt. Erst die Personalien und dann besonders über 
unsere Stellung im Felde, Stärke der Truppenkörper an 
der Grenze und die vermutlichen Pläne für die nächste 
Zeit. — Natürlich stellten wir uns dumm. Des gegen 
seitigen Verstehens wegen! Diese Ausfragerei wurde 
verschiedene Male wieder aufgenommen, mit dem gleichen 
Erfolg. Als die Unterhaltung etwas langweilig zu werden 
drohte, gab es von dem Herrn Hauptmann einen Klaps 
mit der Reitpeitsche über den Schädel, was ein älterer 
höherer Offizier, der in der Nähe saß, rügte und verbot; 
nun hatte das ungemütliche Verhör ein Ende. 
Anderen Tages früh wurde aufgebrochen und unter 
Bedeckung davonmarschiert, an französischen Truppen und 
Kolonnen vorbei, etwa 40 Kilometer ins Land hinein zu 
einer kleinen Bahnstation. Hier gab es zu essen und mußte
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.