Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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gunsten Serbiens nicht nach, ungeachtet der ihn: als Ent 
schädigung versprochenen Gebietserweiterungen. 
Selbst Rumänien versuchte eine Beruhigung Griechen 
lands in dieser heiklen Angelegenheit und mischte sich auch 
in die Verhandlungen des Vierverbandes mit Serbien ein, 
indem es auf die serbische Regierung beschwichtigend ein 
zuwirken versuchte. Aberhaupt behielt die rumänische 
Politik auch während des August noch ihren unbestimmt 
hin und her schwankenden Charakter. Die rumänischen 
Staatsmänner fanden ihren klaren Weg immer noch nicht, 
vermutlich weil sie in ihren Versprechungen gegenüber 
Rutzland zu weit gegangen waren und sich daher in ihrer 
Bewegungsfreiheit gehemmt fühlten. Rumänien versuchte 
Österreich-Ungarn und Deutschland wiederholt durch Er 
schwerung der Getreideausfuhr zu schädigen. Die Mittel 
mächte waren aber dank ihren völlig ausreichenden Vor 
räten in der günstigen Lage, Rumänien den verlangten 
hohen, bar in Gold zahlbaren Ausfuhrzoll zu verweigern 
und es mit seinen Vorräten sitzen zu lassen, bis es seine 
Erpresserpolitik aufzugeben geneigt sein würde. Die ru 
mänischen Grundbesitzer, denen durch die kurzsichtige, rutz- 
landfromme Politik ihrer Regierung von der vorjährigen 
Ernte wegen des Mangels jeder Absatzgelegenheit schon 
gewaltige Mengen an Getreide verdorben waren, hatten 
nun erneuten Anlatz, sich unwillig gegen die Regierungs 
politik zu wenden. Immer noch hoffte die rumänische Re 
gierung, blind gegen alles, was sich auf den Schlacht 
feldern des Ostens ereignete, auf einen Umschlag zugunsten 
Rutzlands. Sie glaubte an eine Erschöpfung der deutschen 
Heere, glaubte den russischen Versicherungen, datz irgend 
eine Verteidigungslinie sich als uneinnehmbar erweisen 
werde. Sie hoffte auch auf eine endgültige, England gün 
stige Entscheidung auf dem blutgetränkten Boden von 
Eallipoli. Die Öffnung der Dardanellen mutzte ja zu 
gleich die Möglichkeit bringen für die Verwertung der riesig 
angewachsenen rumänischen Getreidevorräte. 
England scheute kein Opfer an Menschen und Material, 
um die erwartete Wendung am Balkan herbeizuführen. 
Die Dardanellenschlacht wurde unmittelbar ein Glied der 
Balkanpolitik. Anfangs hatte England gehofft, die Bal 
kanvölker durch seinen plötzlichen Sprung nach den Dar 
danellen alsbald zu eiliger Hilfeleistung zu veranlassen und 
so zu erreichen, datz ihm die Dardanellensperren verhältnis- 
mätzig leicht geöffnet würden. Gar bald aber mutzte es 
erkennen, datz es angesichts des wider Erwarten starken 
Widerstandes der Türkei gewaltiger Opfer bedürfen werde, 
um durch eine entscheidende Wendung an den Dardanellen 
den Balkan für den Bierverband zu gewinnen. In seiner 
Not zwang England auch noch Italien, der Türkei den 
Krieg zu erklären. Gerade dieser Umstand, der den Hoff 
nungen Rumäniens entgegenkam, bewog dessen Regierung 
zu ihrer erneuten schroffen Haltung gegen die Mittelmächte. 
Dem Verbot der Durchfuhr von Kriegsmaterial für die 
Türkei fügte es noch das Verbot der Golddurchfuhr hinzu 
und erwies sich durch diese Politik erneut als scharfen Gegner 
der Mittelmächte, wenn es auch von bewaffnetem Hervor 
treten in ängstlicher Erwartung des günstigsten Augenblicks 
immer noch absah. Entscheidend ist gegenüber dem ver 
wickelten diplomatischen Hin und Her auf der Balkanhalb 
insel, gegenüber der ränkevollen Wühlarbeit Englands und 
seiner Verbündeten immer noch eins geblieben: der Ver 
lauf der Ereignisse auf den Schlachtfeldern. Je näher die 
Schlachtfelder in Rutzland den Grenzen der neutralen 
und schwankenden Balkanstaaten kamen, um so schneller 
wurden diese zur Entscheidung gedrängt. Ebenso bestim 
mend wie die deutschen Erfolge im Osten mutzten in dieser 
Hinsicht die Siege der Türken an den Dardanellen wirken. 
Gerade dort versuchten es die Engländer noch einmal mit 
einem übermächtigen Ansturm auf neuem Gebiete, aus 
nahmsweise mit dem Aufwande ungemein schwerer eigener 
Opfer an Material und Menschen. Die Kümpfe an der 
Suvlabucht, für die die Engländer während des ganzen 
August, seit dem 6., immer wieder neue Kräfte einsetzten, 
endeten mit einer völligen Niederlage für sie, die ihnen in 
dem genannten Zeitraum an 60 000 Mann kostete. Dabei 
hatten sie wieder nicht den geringsten entscheidenden Erfolg 
zu verzeichnen. Sie wären in ihren schmalen Küstenstel 
lungen angesichts der überhöhenden Verteidigungstellungen 
der Türken völliger Vernichtung und endgültiger Vertrei 
bung preisgegeben gewesen, wenn den Türken schwere 
Haubitzenbatterien mit reichlicher Munition zur Verfügung 
gestanden hätten. 
Durch diesen Umstand konnte der Eindruck der neuesten 
englischen Niederlage an den Dardanellen aber nur zuun 
gunsten Englands verstärkt werden. In Bulgarien kam 
man so weit, datz man erklärte, es sei ausgeschlossen, datz 
das bulgarische Heer gegen die Türkei marschiere, auch 
wenn der vollständige Abschlutz des Abkommens noch längere 
Zeit auf sich warten lassen sollte. Die überwiegende Mehr 
heit des bulgarischen Volkes fühlte in wachsendem Matze 
Gebirgsartillerie auf dem Marsch in Montenegro.
	        
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