Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
Arbeit war, kann man nachfühlen, wenn man bedenkt, 
dasz die Tapferen jederzeit gewärtig sein mutzten, einen 
Querschläger, eine Granate, eine Handgranate in die deut 
lich sichtbaren Sappenspitzen zu erhalten oder bei etwaiger 
Unterminierung in die Luft zu fliegen! Doch die schwersten 
Sekunden standen ihnen noch bevor! Mit ohrenbetäu 
bendem Krachen schlugen die Geschosse der deutschen Minen 
werfer wenige Meter vor den eigenen Mannschaften ein. 
Steinsplitter, Erdklumpen und Geröll kamen bis auf die 
Sohle des Grabens geflogen. Kein Wunder, datz die Leute 
sich bisweilen klopfenden Herzens und schweitztriefend an 
die Böschungen prehten. Ihre Zeit zum Sterben war noch 
nicht gekommen, und gerade diese lebensgefährliche Be 
schießung sollte ihnen das Leben retten. Kaum war 
nämlich wieder eine schwere Mine drüben geplatzt und 
hüllte alles noch in dichten, dunklen Rauch, als sie auf 
schnellten, noch einige Handgranaten im Laufen blitzschnell 
in den Eegengraben warfen, durch eine erkundete Lücke 
kamen die Kameraden dahergerannt. Ein prachtvoller 
Anblick für ein rechtes Soldatenherz! Die Werke Central 
und Cimetiere werden im Augenblick bis über die hinteren 
Gräben hinaus überrannt. Ebenso der Schwarze und Rote 
Graben des Bagatellewerkes und der Eselsnase. Erst der 
Grüne Graben verursachte eine Stockung, da feindliche Ma 
schinengewehre die Reihen der Deutschen vom Sankt-Hubert- 
Rücken aus in der Flanke stark lichteten und beim Sturm 
des Königs-Infanterieregiments Nr. 145 über den Charme 
bach mancher Kamerad nie mehr aufstand, wenn ihn das 
tückische Geschoß zu Boden geworfen hatte. Besonders 
das Storchennest, die Rheinbabenhöhe und Sankt-Hubert 
waren recht widerstandsfähige Franzosennester. Immer 
wieder kamen von dort Gegenstöße. Man mutzte sich da 
mit begnügen, sie abzuwehren und in der inzwischen 
hereinbrechenden Nacht die Stellungen genau zu erkunden, 
die die Franzosen mit fieberhafter Eile trotz ihrer zerrissenen, 
durcheinandergewürfelten Truppenverbände verstärkten. 
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Phot. Bert. Jllustrat.-Ges. m. b. 
Der Schloßplatz von Warschau mit dem allen polnischen Restdenzschloß, das nach Besetzung der Stadl durch die Deutschen seitens der Russen 
von Praga aus besonders heftig beschossen wurde. 
im Drahtverhau durchschlüpften und in den feindlichen 
Graben hinuntersprangen. Die Besatzung war von dem 
Besuch so überrascht, datz sie schleunigst Reitzaus nahm. 
Vielleicht mochten sie auch leicht verwundet worden sein 
und deshalb wenig Lust zum Weiterkämpfen haben, denn 
am Boden lagen mehrere Tote oder wimmernde Schwer 
verletzte. Man hatte anfangs keine Zeit, sich um die Ver 
letzten zu kümmern, denn spanische Reiter und ähnliche 
Drahtwalzen lagen im Graben. Sie wurden hinaus 
geworfen, um den Weg freizumachen. Es war höchste Zeit, 
denn schon nahten sich französische Verstärkungen, die ent 
setzt hinter die Schulterwehren zurückprallten, als sie die 
Deutschen schon im Graben sahen. Inzwischen erhob sich 
draußen an der ganzen Front ein wütendes Kleingewehr 
feuer. Es war acht Uhr fünfundvierzig Minuten vormittags, 
die Zeit des allgemeinen Sturmes. Das Artilleriefeuer 
schwoll noch einmal rasch an, dann tönten die Aufschläge 
aus weiterer Ferne herüber — das Feuer war auf die rück 
wärtigen Stellungen verlegt worden. Mit umgehängtem 
Gewehr, Handgranaten, Rauchmasken und Schutzschilden 
„Man mutz den neuen, letzten Angriff um einen Tag 
verschieben, die Ostwerke sind noch nicht ganz sturmreif", 
lautete der Entschluß des deutschen Führers. Während die 
Artillerie sich ihrer neuen Aufgabe widmete, wurden die 
Leichen geborgen, Wasser und Lebensmittel herangeführt, 
Sturmmaterial herbeigeschafft. 
Am 2. Juli begann das wilde Ringen von neuem. 
Für die Deutschen war es ein neues Atemholen, für die 
Gegner ein letztes Aufflackern. Artillerie und Minenwerfer 
arbeiteten wieder unermüdlich. Erst um fünf Uhr nach 
mittags begann der Sturm auf die Rheinbabenhöhe. Um 
sieben Uhr dreißig Minuten ist rein Franzose mehr auf dem 
Sankt-Hubert-Rücken. Auch aus dem Grünen Graben wur 
den die Franzosen geworfen, obwohl sich ihre 42. Division 
anerkennenswert tapfer und zäh behauptete. Taktik siegte 
hier über die Gewalt. Eine aus württembergischen König- 
Karl-Grenadieren Nr. 123 bestehende Kampfgruppe durch 
brach nämlich um fünf Uhr dreißig Minuten nachmit 
tags die feindliche Stellung (siehe die Kunstbeilage) in 
Richtung auf das Wegekreuz nördlich von La Harazöe
	        
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