Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
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Mann. Vergleicht man diese Zahlen, mit denen zweifellos 
die Verluste nicht zu hoch angegeben sind, mit dem Er 
gebnis, das die Kämpfe bei Arras gehabt haben, so kann 
man es durchaus begreiflich finden, daß die französische 
Regierung dem Volke die Größe der von ihm gebrachten 
Opfer nicht bekanntgibt. 
Um die Mitte des Juli versuchten die Franzosen um 
Arras, durch Handgranatenangriffe zu einem besseren Er 
gebnis als vorher zu gelangen, aber auch diese waren ver 
geblich. Ebenso fügten die Sprengungen der Franzosen den 
Deutschen nur sehr wenig Schaden zu. Ein am 27. Juli von 
schlesischen Truppen gemachter Sturmangriff führte da 
gegen wieder zum Besitz einzelner früher vom Feinde be 
setzten Teile der deutschen Stellung. Bei dieser Gelegen 
heit gingen ihm auch 4 Maschinengewehre verloren. 
Besonders viel machten in der Berichtszeit wieder die 
Argonnen von sich reden, die ja von jeher einer der inter 
essantesten Kampfplätze der ganzen Westfront gewesen sind. 
Ja, man hört plötzlich so mannigfaltige, ins einzelne gehende 
Erzählungen und Berichte, daß das Publikum bisweilen 
nicht mehr die vielen Namen, die Einzelangriffe und ihre 
Sonderzwecke auseinanderzuhalten imstande ist. Unsere 
Leser werden es deshalb mit Freuden begrüßen, wenn wir 
zunächst eine kurze, übersichtliche Einteilung dieser Kämpfe 
vorausschicken, um nachher auf die fesselnden Einzelheiten 
näher und verständlicher eingehen zu können. 
Uber die Stellungen bis zum Januar kann man sich 
an Hand der Skizze Band II Seite 352 unterrichten. Diese 
diene gleichzeitig wegen ihres kleinen Maßstabes als 
Übersicht für die folgenden Erörterungen. Zeitliche und 
taktische Unterschiede verlangen eine getrennte Behandlung 
des Schlachtfeldes westlich Le Four-de-Paris und östlich 
des genannten Dorfes. Ersteres sind die Kämpfe zwischen 
dem 20. Juni und 2. Juli 1915, letzteres die vom 13. und 
14. Juli 1915. 
Auf dem Kampfplatz westlich, besser gesagt nordwestlich 
Le Four-de-Paris waren die Deutschen bis an die fran 
zösischen Stellungen (siehe Skizze Seite 134 oben) La- 
bordore, Central, Eimetiäre, Bagatelle, Eselsnase, Storchen 
nest, Rheinbabenhöhe, Sankt-Hubert-Rücken gelangt. Diese 
lagen alle auf einem großen, langen von Servon nach Pa 
villon Bagatelle streichenden Höhenzug, waren teilweise 
stockwerkartig mit ausgeklügelter Feuerunterstützung der 
flankierenden Maschinengewehre angelegt und wurden in 
ihren Verbindungsgräben nirgends, auch nicht von dem 
tief eingeschnittenen Charmebachtal unterbrochen, so daß 
die Schützengrabengruppen ein zusammenhängendes großes 
Netz bildeten. Der Wert, den die Wegnahme einer derartig 
überragenden Höhenstellung den Deutschen bringen würde, 
lag vor allem darin, daß die Franzosen in das allmählich 
abfallende Biesmetal gedrängt wurden, also günstigstenfalls 
auf den Berghängen sich noch halten konnten, während 
wir die Gipfel in unserer Hand hatten. Der Einwendung, 
daß in einem dichten Waldgebiet überragende Stellungen 
nicht den taktischen Wert hätten, wie in offenem Gelände, 
muß man entgegenhalten, daß bereits große Teile der 
dortigen Waldbestände durch die Granaten in Grund und 
Boden getrommelt sind. 
Die gründlichen Vorbereitungen zu dem neuen mili 
tärischen Unternehmen gegen derartig starke Feldbefesti 
gungen brauchten Zeit bis Mitte Juni. Minenstollen wurden 
unterirdisch vorgetrieben, Sappen an der Erdoberfläche 
mühsam vorwärts gegraben, Munitions-, Sprengmuni- 
tions- und Materialbestände häuften sich an (siehe die 
Zeichnung Seite 135). Den Franzosen wurden diese Maß 
nahmen des Generals v. Mudra unheimlich. Sie zogen 
neben den schon dort befindlichen Truppen des 32. Armee 
korps noch eine neue Infanteriedivision Nr. 126 und die 
150. Jnfanteriebrigade in dem kleinen Abschnitt der West- 
argonnen zusammen. 
Ein vorbereitender Angriffstoß wurde am 20. Juni 
gegen die französischen Stellungen in der rechten deutschen 
Flanke geführt, um uns dort die nötige Ellbogenfreiheit zu 
sichern. Er richtete sich gegen die starken Stellungen an der 
Straße Menne-le-Chäteau—Binarville sowie gegen das 
Werk Labordere. Es war ein klarer, Heller Morgen. Deutlich 
waren die drei Stufen der übereinanderliegenden feind 
lichen Gräben zwischen den vielen kreuz und quer gestürzten 
Baumstämmen zu sehen. Der Abstand betrug nicht viel 
mehr als 100 Schritt, während vor dem Werke Labordere 
das Unterholz mit alles überwucherndem Dorngestrüpp 
die Aussicht auf 10 Meter im Umkreis beschränkte. Um so 
wertvoller waren die Meldungen über die feindliche Stellung. 
Nacht für Nacht hatten sich Erkundungspatrouillen wie 
Katzen vorgeschlichen, bis man endlich alles wußte, 
was man wissen wollte. Im Tale hatte der Gegner 
ein 30 Meter breites Drahthindernis angelegt, das 
von oben her nicht einzusehen gewesen war und sich 
an einen breiten Wassergraben anschmiegte. Block 
häuser, Maschinengewehrgräben, Postenlöcher, Stol 
perdrähte mit Klingelzügen, Sappenköpfe — alles 
war gemeldet und sauber in unsere Karten einge 
zeichnet worden. Nun schoß unsere Artillerie danach. 
Punkt vier Uhr vormittags begann das Heulen in der 
Luft, das Knallen und Krachen des Abschusses oder 
Einschlages. Auch die Minenwerfer mischten sich ein 
und halfen wacker mit. Dicke Rauchschwaden lagern 
über den feindlichen Gräben. Man kann sich vor 
stellen, wie die Besatzung sich zitternd in die Unter 
stände flüchtet und auf ihren Tod wartet. Sie 
weiß natürlich nach den ersten Schüssen sofort, daß 
sie verloren ist. Dort wirbelt ein langer Balken 
haushoch in die Luft, Bretter fliegen rings um die 
Einschlagstelle auf. Kein Zweifel: es ist ein Voll 
treffer in einen Unterstand; zwischen acht und zwanzig 
Franzosen liegen dort zerfetzt, begraben, zerquetscht. 
Schon wieder dasselbe Schauspiel. .. Nochmals. .. 
Immer wieder. . . 
„Wir machen ihnen höllisch heiß," sagt der Ar- 
gonnenkämpfer einfach. Er ist es gewohnt. Er sieht 
die Bewegung und das Zucken der schwarzen Körper 
dort drüben, wo das Artilleriefeuer eine Feuersperre 
gelegt hat, um die Reserven am Vorstürmen zu hin 
dern. Er wartet ruhig bis acht Uhr dreißig Minuten 
vormittags. Da kommt die Zeit für die Arbeit des 
Infanteristen. Der Sturm bricht los. Hei, welche 
Lust! Hinüber zu den qualmenden, schwelenden 
Trümmern! Hinein in die Eranattrichter, zu denen 
der feindliche Graben zerhackt ist! Wenig Überlebende 
findet man. Sie sind schneeweiß und ihre Nerven 
völlig gebrochen. Nur drüben im Walde flackert ein 
Nahkampf auf. Die Artillerie konnte hierher nicht 
Angriffslinie der deutschen Heere zwischen Narew, Weichsel und Bug 
am 9. August 1915 (zu dem Artikel S. 135).
	        
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