Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Achter Band. (Achter Band)

Phot. A. Frankl, Berlin-Schöneberg. 
Der Kampf um den Suezkanal: Türkische MaschinengeweyrabLeilung im Wüstensand. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
selbst überlassen 
werden." Er ge 
dachte flüchtig des 
verflossenen Ta 
ges, des Namens 
tages der russischen 
Kaiserin, zu dessen 
Feier die Besat 
zung der Stadt die 
Läden gestürmt 
und mit blanker 
Waffe gefordert 
hatte, was ihnen 
gefiel. „Wir haben 
doppelte Feinde 
um uns her: auch 
die Letten, die nie 
mals ihren Hast 
gegen uns ver 
leugnet haben. Ich 
kann meine Mut 
ter unmöglich ihrer 
Willkürüberlassen. 
Phot. Photothek, Berlin. 
El-Kossaima, eine vorgeschobene englische, von den Türken besetzte Militärstation in der Wüste, 
von wo aus man einen weiten Blick in den wildzerklüfteten Djebel Helal hat. 
„Vielleicht ist bis zwei Uhr schon eine Wendung ein 
getreten, Werner. Die Deutschen können sich noch einmal 
zurückziehen, die Stadt kann noch unerobert bleiben. Jeden 
falls aber darf das unsere Abreise nicht verzögern , wir 
haben keinen Augenblick mehr zu verlieren." 
„Ich komme nicht, ich bleibe!" Keuchend kamen die 
Worte aus seiner Brust. 
„Ist das Ihr letztes Wort, Werner Pawlowitsch? Be 
sinnen Sie sich, Sie müssen die Folgen tragen." 
Werner nickte nur, seine Blicke hingen an einer Gruppe 
von Menschen, die angstverstört von der Marktseite herbei 
stürmten und berichteten, daß durch die letzte furchtbare Ex 
plosion, die man gehört hatte, die Eisenbahnbrücke von Neu- 
Libau zerstört worden sei und zwar von den Russen selbst. 
„Um so besser," sagte der Engländer kühl. „Dann wird 
die Abreise nur noch wenigen von drüben aus möglich sein. 
Sie wissen, wie Sie hinüberzukommen haben, Werner; 
verlieren Sie das Papier nicht." 
Werner hatte es achtlos in der Hand gehalten. Nun 
zerriß er es in kleine Stücke und warf sie seinem Chef wort 
los vor die Füße. Alles in ihm empörte sich gegen diesen 
Mann, der auch der äußersten Verzweiflung der Massen 
gegenüber nur geschäftsmäßig den eigenen Vorteil abwog. 
Das ruhige Gesicht des Engländers überlief eine jähe 
Nöte. 
„Tollkopf!" sagte er nur und in seinen Augen blitzte es 
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seltsam und rach 
süchtig auf. 
Im nächsten 
Augenblick war er 
von Werners Seite 
verschwunden. 
(Fortsetzung folgt.) 
Nikolaus II. 
Von Richard Graf 
Du Moulin Eckart. 
Die letzten 
Wochen des Som 
mers 1917 hatten 
eine Reihe von 
Enthüllungen ge 
bracht, die die Auf 
merksamkeit der 
gesamten poli 
tischen Welt wie 
derum auf den 
entthronten und 
durch die Träger der russischen Revolution in geheimstem 
Gewahrsam gehaltenen Zaren Nikolaus II. lenkten und 
zeigten, daß dieser Unselige bei aller Schuld, die ihm 
die Geschichte an dem ungeheuren Abstieg seines Reiches 
wird zuweisen müssen, menschliches Mitgefühl verdient. 
Und man braucht bei ihm den größeren Teil der Schuld nicht 
den Gestirnen zuzuweisen, unter deren Einfluß er gehandelt 
und gefehlt hat, sondern mit vollem Rechte den Verhält 
nissen und den Persönlichkeiten, deren Einwirkung sich auch 
ein Stärkerer nicht zu entziehen vermocht hätte. Aus den 
Offenbarungen des Suchomlinowprozesses, dem Brief 
wechsel zwischen ihm und dem Deutschen Kaiser vor dem 
Ausbruch des Weltkrieges und aus früheren Zeitabschnitten 
fallen eine Reihe von Lichtern auf ihn, die uns sein Bild, 
das von der Revolution und ihren Schriftstellern völlig 
verzerrt zu sein scheint, menschlich näher bringen und viele 
seiner Eigenschaften und Taten von einer ganz anderen 
Seite zeigen, als man sie bisher zu sehen gewohnt war. 
Anderseits hat sein Sturz, seine volle Entrückung aus dem 
Reiche der Lebenden die Entfernung zwischen ihm und 
uns so sehr erweitert, daß wir jetzt schon eine einigermaßen 
unparteiische Stellung zu ihm zu gewinnen vermögen. Der 
erste Eindruck freilich ist der einer ungeheuren Tragik, die 
am stärksten wirkt, wo wir guten Willen gepaartmit Schwäche 
finden, wo sich ein Wollender gegen die gewaltige Macht 
der Verhältnisse vergeblich aufbäumt, wo ein Ertrinkender
	        
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