Volltext: Der Feldzug in Polen (6 / 1915)

Der Abmarsch zur Grenze. 
28. Oktober 1914 
Wir haben die letzten zehn Tage Furchtbares durchge¬ 
macht. Tag und Nacht marschiert, wir waren bis 50 Kilo¬ 
meter vor Warschau entfernt. Nichts zu essen und an Schla¬ 
fen gar nicht zu denken. Wir sind beim Marschieren einge¬ 
schlafen. Ich habe drei Gefechte mitgemacht und weiß nun, 
was ein Krieg bedeutet. Die Geschosse pfeifen um die Köpfe 
herum, und die feindlichen Kanonen schleudern ihre Granaten 
auf uns. Der 24. Oktober 1914 wird mir ein Tag steter 
Erinnerung bleiben. Wir kamen, nachdem wir nachts um 1 
Uhr aus unserem Quartier abgerückt waren, früh um 9 
Uhr in einem Ort an, wo wir Quartiere bezogen. V210 Uhr 
wurde alarmiert, und ausgeschwärmt ging es über die Fel¬ 
der. Unsere Artillerie fing an, die Russen mit Granaten zu 
beschießen, und wir lagen von früh 10 Uhr bis abends nach 
5 Uhr im Schützenfeuer. Dieser oder jener Kamerad schloß 
die Augen für immer, andere hatten Verwundungen am 
Kopf, Bein, Brust oder Rücken, und das Blut floß in 
Strömen. Wir hatten furchtbare Verluste an Offizieren und 
Mannschaften. Die Russen hatten eine vorzügliche Stel¬ 
lung, so daß wir denselben nicht beikommen konnten und uns 
nach 5 Uhr abends zurückziehen mußten. Die Russen hatten 
dies bemerkt und überschütteten uns nun mit einem Hagel 
von Schrapnells, so daß wir uns Deckung verschaffen mu߬ 
ten, um nicht getroffen zu werden. Wir erreichten glücklich 
einen Wald, und sammelte sich hier unser übriggebliebenes 
Bataillon, um die Verwundeten zu verbinden und auf Wa¬ 
gen zu laden. Die Toten mußten wir vorläufig liegen lassen, 
und diese sind dann erst am anderen Tage von den Osterrei- 
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