Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

Zum Felsenkeller, Städtisches Tiefbauamt, Pariser Hof, Asyl für Obdachlose, 
usw. in bunter Folge. Die Herrensitze haben ein Gärtchen auf der Böschung, 
mit Moos und schneeweißen Zwergbauten künstlerisch geschmückt. In den 
Hütten und Gräben wird auf peinliche Sauberkeit und Ordnung gehalten, wie 
in der Kaserne. 
In unseren Revieren leben wir Höhlenbewohner fast weltabgeschieden, 
jetzt, bei trockener Witterung, weiß wie die Müllersknechte, bei Regenwetter 
aber kleben wir fest in dem tonigen Brei. Fast idyllisch und friedlich mutet 
uns das Dasein hier an. Wenn wir nur nicht dann und wann an die 
Nähe der Rothosen erinnert würden, die uns auf kaum 1500 Meter gegen- 
überliegen, einem benachbarten Regiment stellenweise gar nur 70 Meter! Zu- 
weilen wecken sie uns etwas unsanft und senden schon beim Morgengrauen 
ihre Granaten („Liebesgaben" sagt der Musketier) herüber, zum Teil aus den 
schweren englischen Schiffsgeschützen. Ihre Infanterie kann uns hinter den 
schützenden Wällen nicht viel anhaben, die Granaten aber haben den Vorzug, 
daß sie sehr oft nicht krepieren; vor und hinter den Gräben schlagen sie ein, 
ohne uns allzu große Sorgen zu machen. Freilich, Gott behüte uns, wenn 
mal so ein englisches „Brummerchen" uns in unserm schönen Graben aufsucht. 
Dann geht es ähnlich, wie die Franzosen die Wirkung unserer Geschosse schildern; 
die Dinger reißen tiefe Löcher, werfen Erde und Steine in die Luft und über- 
schütten die Umgebung mit einem Regen von Kalk. Mit ihrer Munition 
sparen die da drüben nicht. Haben wir doch an einem Nachmittag 
nicht weniger als 230 Granatschüsse gezählt, die unserem Bataillon 
galten! Vergebliche Liebesmüh! Unsere Artillerie greift selten, dann aber um 
so kräftiger ein. Das Sausen und Schwirren der Geschosse über unseren 
Köpfen wird begleitet von dem eintönigen Surren der Flieger. Soeben holte 
unsere Artillerie wieder einen feindlichen Vogel aus 2000 Meter Höhe herab! 
Um nns vor dem Feind zu verbergen, holen wir unsere Hauptmahlzeit 
wie Diebe in der Nacht bei der Feldküche, die heimlich in ein nahes Wäldchen 
herangeführt wird. Da gibt's Schlemmermahlzeiten! Nicht einmal versalzen 
durch die Salven der französischen Infanterie, die ja doch zu hoch schießt. Bei 
Nacht gehen die Leute auf den Kartoffelfeldern und spärlichen Gemüsepflanzungen 
der öden Gegend auf „Raub" aus. Keine Angst! Auf einem Acker haben 
einmal Deutsche und Franzosen gemeinsam an den beiden Enden reiche Beute 
gemacht und sich erst erkannt, als sie beim Scheine des brennenden Dorfes S. 
die gefüllten Zeltbahnen in entgegengesetzter Richtung fortschleppten. „Gesegnete 
Mahlzeit!" dachte der deutsche Michel. Ein Soldat trieb gar im feindlichen 
Feuer eine Kuh vor sich her, abwechselnd sich duckend vor den Kugeln und 
sich erhebend, um dem Hornvieh klar zu machen, daß es zu den Deutschen über- 
zulaufen habe. Dieses Fleisch hat besonders gut geschmeckt. Wäre ein Stall 
fertig gewesen, wir hätten jetzt eine erträgliche Milchwirtschaft. 
Anscheinend schicken die Franzosen keine nächtlichen Patrouillen heraus. 
Nicht einmal ihre eigenen Toten begraben sie, die vor ihren Linien liegen, dort 
in der „Schlucht des Schrecken", wo sie einmal einen Angriff gewagt hatten.
	        
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