Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

250 Die Lehre von der menschlichen Glückseligkeit. 
das Vermögen der Kinder nicht in ihre Hände geräth." An einer 
andern Stelle in seiner Satire „Ueber die Weiber" kommt der Verfasser 
der Aphorismen auf dieselbe Sache zurück, indem er von der Enge 
des weiblichen Gesichtskreises handelt, der mehr auf das Nächste und 
Gegenwärtige als auf das Entfernte, Vergangene und Künftige ge 
richtet sei. „Daher alles Abwesende, Vergangene, Künftige viel 
schwächer auf die Weiber wirke, als auf uns, • woraus denn auch der 
bei ihnen viel häufigere und bisweilen an Verrücktheit grenzende Hang 
zur Verschwendung entspringt. Die Weiber denken in ihrem Herzen, 
die Bestimmung des Mannes sei Geld zu verdienen, die ihrige dagegen 
es durchzubringen, womöglich schon bei Lebzeiten des Mannes, wenigstens 
aber nach seinem Tode." 
Niemand zweifelt, wer an diesen Stellen als das philosophische 
Genie mit dem wohl benützten und erhaltenen Erbgut, wer als die 
reich gewordene Wittwe, die das Erbgut verschwendet und den Wohl 
stand der Familie verdirbt, dem Verfasser vor Augen gestanden hat. 
Er spricht von sich und seiner Mutter. Er hat gegen die weiblichen 
Emporkömmlinge auch das Sprüchwort angeführt, welches Shakespeare 
den sterbenden Jork der Königin Margaretha zuschleudern läßt: „Wenn 
der Bettler Ritter geworden ist,'so jagt er das Pferd zu Tode".^ 
Die Worte Schopenhauers sind seinen persönlichen Lebens 
erfahrungen so genau angepaßt, daß sie eigentlich ein Stückchen Bio 
graphie find. Wenn seine Eudämonologie sich so genau nach ihm 
und seinem Leben gerichtet hat, so darf man sich nicht allzusehr wundern 
und noch weniger mit seinen Anhängern ihn preisen, daß auch sein 
Leben mit dieser Eudämonologie übereinstimmt. 
4. Das Ansehen: Ehre, Rang, Ruhm. 
Das Ansehen, welches ein Individuum genießt, besteht nicht im 
Sein und Haben, sondern im Gelten, d. h. darin, was Einer in der 
Meinung anderer ist oder was er vorstellt. Der Ort, wo das Ansehen 
seinen Sitz hat, ist nicht das eigene, sondern ein fremdes Bewußtsein, 
das als solches gar nicht unmittelbar in unsere Gefühlssphäre fällt, 
daher unmittelbar auch gar nichts zu unsrem Wohlgefühle oder Glück 
beiträgt, also uns eigentlich gleichgültig ist oder sein kann. Denn 
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. 
- Parerga I. Aphorismen. S. 369. Vgl. Parerga II. Cap. XXVII. 
Z 379. S. 651. Vgl. besonders § 384. S. 660. — 2 Heinrich VI. Dritter Theil. I. 4.
	        
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