Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

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Das Jahr 1906 
land werde sich dann auf Frankreichs Seite stellen, und die öffent 
liche Meinung werde voraussichtlich England dazu treiben, „den 
Krieg zu Wasser und zu Lande mitzumachen, um Deutschland nach 
Möglichkeit zu schwächen, seine Flotte zu vernichten und seinen 
Welthandel wieder an sich zu reißen 1 .“ 
Schulenburg rechnete in einem solchen Falle bestimmt mit der 
Landung einer englischen Armee, voraussichtlich in Belgien. 
Am 23. Februar 1906 äußerte sich General v. Moltke in 
einem Berichte an den Reichskanzler über die voraussichtliche Hal 
tung Englands in einem Zukunftskriege und in diesem Zusammen 
hänge auch über das Problem der Verletzung der belgischen Neu 
tralität. Eine etwaige Festsetzung Deutschlands an der belgisch- 
holländischen Küste bedeute eine beständige Invasionsgefahr für 
England, und die Selbsterhaltung Englands verlange daher sein Ein 
greifen in einen kontinentalen Krieg. Die Heranführung der eng 
lischen Landarmee sei für den Fall, daß die deutsche Flotte nicht 
vorher vernichtet sei, nach der belgischen oder holländischen Küste, 
sonst nach der jütischen oder schleswigschen Küste geplant 1 2 . Die 
Teilnahme einer englischen Militärmission unter General French an 
den französischen Manövern 1906, an denen übrigens auch der bel 
gische Generalstabschef Ducarne teilgenommen hat, bestärkte die 
deutschen Staatsmänner in der Überzeugung, daß bei diesem Anlasse 
ein englisch-französisch-belgisches Einvernehmen über eine gemein 
same kriegerische Aktion gegen Deutschland herbeigeführt worden 
sei. Unklar blieb man sich aber darüber, ob ein solches Zusammen 
wirken nur für den Fall verabredet worden sei, daß Deutschland 
die belgische Neutralität verletzte. Was Belgien selbst anbetrifft, 
so ist es anscheinend über diese Linie nicht hinausgegangen. 
Als im September 1906 Einest Judet im „Eclair“ zehn Artikel 
über die englisch-französische Entente und ihre militärische Aus 
gestaltung erscheinen ließ, erregten diese Aufsätze zwar großes 
Aufsehen, wurden aber in der Presse absolut totgeschwiegen, die 
sich offenbar damals einer von der Regierung ausgegebenen Parole 
sofort gefügt hat. In England sprach Haldane dem Gerüchte, das 
die Teilnahme des Generals French an den französischen Manövern 
mit einer englisch-französischen Militärkonvention in Verbindung 
brachte, jede Glaubwürdigkeit ab; in Paris aber leugnete man nicht, 
daß militärtechnische Unterredungen zwischen French und den fran 
zösischen Generalen stattgefunden hätten 3 . Etwas Sicheres konnte 
man aus Paris nicht erfahren. Aufsehen erregte aber, daß Clemen- 
ceau am 20. November 1906 auf eine Anfrage nach dem Bestehen 
1 Qr. Pol. Nr. 6946. (Bericht vom 31. Januar 1906.) 
2 Qr. Pol. Nr. 7226. 
3 Qr. Pol. Nr. 7227—7231.
	        
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