Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Deutschlands Vereinsamung. 1902—1914 
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einer anglo-französischen Militärkonvention eine ganz ausweichende 
Antwort gab 1 . 
Nach deutscher Auffassung bildete die Persönlichkeit Clemen- 
ceaus, der in dem seit 13. März 1906 gebildeten Kabinett Sarrien 
Minister des Innern gewesen war und am 18. Oktober 1906 selbst 
das Amt als Ministerpräsident übernahm, eine Gefahr für den Welt 
frieden. Korrekte deutsch-französische Beziehungen erschienen nun 
als das Höchstmaß des Erreichbaren. Im Kabinett spielte Clemen- 
ceau von vornherein die maßgebende Rolle. „Daß er der eigentliche 
Minister des Äußeren und der eigentliche Kriegsminister ist, ist 
sicher“, berichtete Fürst Radolin am 31. Oktober 1906 1 2 . 
Eine neue Phase der deutsch-französischen Beziehungen wurde 
gegen Ende des Jahres durch die Ernennung Jules Cambons zum 
Berliner Botschafter eingeleitet. Dem Kaiser war die Wahl Cambons, 
der bis dahin Botschafter in Madrid gewesen war, nicht sympa 
thisch, da er von der Tatsache, daß sein Bruder, Paul Cambon, 
Botschafter in London war, ein unerwünschtes Zusammenspiel be 
fürchtete; er fügte sich aber in diese Ernennung und erteilte Jules 
Cambon das Agrement 3 . 
Die deutsch-französischen Beziehungen wurden naturgemäß 
durch die weitere Entwicklung der marokkanischen Dinge stark be 
einflußt. In den maßgebenden Kreisen Marokkos galt Frankreich 
als endgültiger Sieger von Algeciras, und nur mit Mühe konnte der 
deutsche Gesandte Rosen dem Gedanken Eingang verschaffen, daß 
die Konferenz doch auch einen recht erheblichen Faktor der Inter 
nationalisierung Marokkos bedeute. Er hatte sich immer gegen 
den Argwohn der Franzosen zu verteidigen, als wolle er die deut 
sche Regierung zu einer unnachgiebigen Haltung drängen und be 
sondere Vorteile für Deutschland herausschlagen. Schließlich erbat 
er Weisung, ob er in Zukunft jede Reibung mit den Franzosen ver 
meiden, oder ob er „durch gelegentliche Rückzugsgefechte das Auf 
geben der deutschen politischen Stellung in Marokko zu maskieren“ 
habe 4 . Der Wunsch Kaiser Wilhelms II. war es jedenfalls, Frank 
reich hiefort in Marokko ruhig gewähren zu lassen 5 . 
Iswolski und Aehrenthal 
Während des Jahres 1906 betraten zwei Persönlichkeiten die 
politische Bühne, die für die Gestaltung der Beziehungen zwischen 
den europäischen Großmächten bestimmend geworden sind. 
1 Gr. Pol. Nr. 7232, 7233. 
2 Gr. Pol. Nr. 7239. 
3 Gr. Pol. Nr. 7240—7242. 
4 Gr. Pol. Nr. 7276—7300. 
6 Gr. Pol. Nr. 7293.
	        
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