Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Bismarckzeit 
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kommnissen der französischen Geschichte. „Ich wünschte“, schrieb 
er am 4. Januar 1887 an den Grafen Münster, „die Überlegenheit der 
Deutschen im Vaterlandsgefühl, welche Euere Exzellenz entspre 
chend Ihrer eigenen Gesinnung bei Ihren Landsleuten voraussetzen, 
bestände in Wahrheit“ 1 . Graf Münster mußte seinen an den Kaiser 
gerichteten Brief zurückziehen. 
Im Frühjahr 1887 verschärften sich die Kriegsbesorgnisse. Auf 
französischer Seite konnte damals ein Zweifel über die Friedens 
absichten Bismarcks gar nicht bestehen, nachdem er in seiner großen 
Reichstagsrede vom 11. Januar 1887 mit aller Entschiedenheit er 
klärt hatte, Frankreich unter keinen Umständen angreifen zu wollen. 
Aber ihn erfüllte die Tätigkeit des Generals Boulanger dauernd mit 
Sorge, wie es ihn auch beunruhigte, daß sich der russische Botschaf 
ter in Paris, Baron Mohrenheim, mit großem Nachdruck für die 
Belassung des Generals in seiner Stellung als Kriegsminister ein 
setzte. In Wien ließ Bismarck erklären, eine wirkliche Beunruhigung 
vor einem Angriffe Deutschlands könne in Frankreich nicht wohl 
vorhanden sein; Deutschland würde niemals einen Krieg aus dem 
Grunde führen, weil es früher oder später wahrscheinlich doch zu 
einem solchen kommen könnte; die Franzosen besäßen gar nichts, 
was Deutschland reizen könnte; der Krieg bleibe immer ein großes 
Übel, selbst für den siegenden Teil 1 2 . Auf die Wünsche der Militärs 
komme es nicht an. „Das Militärische wird bei uns in erster Linie 
durch Seine Majestät den Kaiser repräsentiert, und dieser sowohl 
wie der Kronprinz sind allen kriegerischen Unternehmungen ab 
geneigt.“ 
An den Botschafter v. Schweinitz in Petersburg schrieb Bis 
marck am 25. Februar 3 , Deutschland werde den aussichtslosen Ver 
such, Frankreich als Großmacht zu vernichten, niemals unternehmen; 
eine Nation von 40 Millionen Europäern von der Begabung und dem 
Selbstgefühl der Franzosen könne man nicht vernichten; sollte es 
aber zu einem Kriege kommen, so würde sich im Falle eines deut 
schen Sieges eine schonende Behandlung empfehlen, geradeso wie 
Österreich gegenüber 1866. „Wenn ich im Reichstage anders ge 
sprochen habe, so geschah es, um vom Kriege abzuschrecken. Ge 
lingt letzteres nicht, so würden wir nach der ersten gewonnenen 
Schlacht Frankreich unter günstigen Bedingungen den Frieden 
bieten.“ 
Immer wieder wehrte sich Bismarck dagegen, wenn von einer 
Militärpartei in Deutschland gesprochen wurde. Wenn es auf diese 
ankäme, ließ er nach Wien schreiben 4 , so würden sämtliche euro 
1 Qr. Pol. Nr. 1241. 
8 Berlin, 16. Februar 1887. Or. Pol. Nr. 1249. 
3 Gr. Pol. Nr. 1253. 
4 Gr. Pol. Nr. 1256.
	        
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