Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

1885 
engagieren lassen, wird man in Wien nicht erwarten können“. Immer 
wieder wies er auf die Abgrenzung der russischen und österreichi 
schen Interessensphären an der serbisch-bulgarischen Grenze hin, 
dabei eine Mitverantwortlichkeit für ein etwaiges Eingreifen Öster 
reichs auf dem Balkan rundweg ablehnend. Die abwartende Ruhe, 
ließ er am 13. Dezember 1885 nach Wien schreiben, sei schwerer als 
ein rascher Entschluß, aber nützlicher 1 . „Die Ereignisse auf der 
Balkanhalbinsel haben für mich aus dem Gesichtspunkt der Bewah 
rung des Friedens zwischen Österreich und Rußland das größte In 
teresse; ich weiß aber keinen anderen Rat als Zurückhaltung. Wenn 
man nicht sicher über das ist, was geschehen muß, und das ist hier 
niemand, so tut man am besten nichts: dans le doute abstiens-toi 1 2 .“ 
Im Sommer 1886, nachdem Rußland durch die endgültige Schlie 
ßung des Hafens von Batum einen lange gehegten Wunsch ver 
wirklicht hatte, da das Bestehen dieses Hafens gemäß den Festset 
zungen des Berliner Vertrages sich als für Rußland sehr nachteilig 
herausgestellt hatte 3 , wurden russische Bestrebungen bemerkbar, 
den deutsch-österreichischen Beziehungen entgegenzuwirken. Ein 
flußreiche Freunde Deutschlands in Rußland hegten schon immer 
den Wunsch, Deutschland möge sich mit Rußland allein verständigen 
und Österreich fallen lassen 4 . 
Die erhebliche Belastung der Beziehungen zwischen den drei 
Kaisermächten durch die Vorgänge in Bulgarien, wo im August 1886 
Fürst Alexander entthront wurde, bald darauf aber zurückgekehrt 
war, um anfangs September endgültig abzudanken und das Land 
zu verlassen, wurde durch einen Besuch des Prinzen Wilhelm beim 
Zaren am 12. September 1886, soweit die russische Seite in Frage 
kam, ausgeglichen. Die Entsendung des Prinzen entsprach einem 
Wunsche Kaiser Wilhelms I., während der Vater des Prinzen, Kron 
prinz Friedrich Wilhelm, dagegen zu wirken versuchte. Der Kaiser 
entschied jedoch, daß es bei der Reise sein Bewenden haben solle 5 . 
Bismarck ließ für den Prinzen einen Instruktionsentwurf bearbeiten, 
als dessen wesentlichster Inhalt die Befestigung des Drei-Kaiser- 
Bündnisses und damit des europäischen Friedens hervortritt 6 . In 
der bulgarischen Frage blieb Bismarck unverändert seiner Absicht 
getreu, Zurückhaltung zu üben. Der österreichische Einfluß auf 
dem Balkan schien ihm nicht hinreichend wichtig, um seinetwegen 
den Frieden Europas in Frage zu stellen 7 . 
1 Gr. Pol. Nr. 972. 
2 Im Zweifelsfalle übe Zurückhaltung. 
8 Gr. Pol. Nr. 973—976. 
4 Gr. Pol. Nr. 980. 
5 Gr. Pol. Nr. 981—984. 
6 Gr. Pol. Nr. 985. 
7 Gr. Pol. Nr. 987. 
SJ
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.