Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1928 (1928)

32 
Hc 
CSelweitz. 
Von Reimmichl. 
Das SBil&fetter. 
„Dioidi!" 
ge 
cri 
So klang ein kurzer, scharfer Jodler gegen die Spickalm. Die 
Meinhart-Tochter, ein etwa dreißigjähriges Mädchen, hatte ihn aus- 
gestoßen. Sie spähte mit ihren schwarzen Augen den Almweg hin¬ 
ein, ob nicht jemand, den sie erwartete, komme. Auf ihrem Gesichte 
lag ein herber Zug, der sie nebst den Sommersprossen auf ihren 
Wangen etwas entstellte,' sonst hätte man sie schön nennen können. 
Noch einmal ließ sie ihr „Dioidi" erklingen. Da scholl aus einiger 
Entfernung die Antwort: 
„Dioidi! Dioidi!" 
Es dauerte keine drei Vaterunser, als ein etwas jüngeres Mäd¬ 
chen mit einem Korb auf dem Rücken, den Almsteig herunterhüpfte: 
Dieses zweite Mädchen hatte ein richtiges Vogelgesicht: schlaffe 
Wangen, graue, unruhige Augen, eine niedere Stirn und eine sehr 
lange, spitze Nase, die säst aus das schmale, vorspringende Kinn 
herabreichte. Im Volksmunde hieß das Mädchen der Kiebitz. 
„Grüß dich Gott, Traudl!" ries es der Sommersprossigen zu. 
„Hast lang gewartet aus mich?" 
„Schon eine Weil. Hab wollen allein heimgehen, da hab ich 
dich just noch gesehen durch die Alm herauskommen. Was tust denn 
mit dem Büschel da, Liesl?" 
„D e n bring ich der Marialene. Weißt, sie hat eine Endssrent 
mit den Blaunagelen." 
„Bist halt ein dummer Kiebitz, daß du der Gräfin noch der 
Lappen machst." 
„Warum denn? Sie ist auch gut mit mir. Letzte Woche hat 
sie mir ein seidenes Tüchl geschenkt." 
„Das gewiß so schlecht ist, daß sie es selber nicht mehr anlegen 
kann." 
„Nein, es ist wie neu. Schlechtes Zeug hat die Marialene gar 
keines. Jüngst hat sie einmal die Kammertür offen gelassen, da ^ 
bin ich hineingeschlüpst und hab in ihren Kasten geschaut. Himm¬ 
lisches Jerusalem, da sind Sachen drinnen! Grad blind werden 
könnt man von dem Glanz und Schimmer." G
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.