Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1923 (1923)

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üandes=Reimatskunde. 
Redigiert von Bürgerschuldirektor Anton Ziegler. 
Die gvotze „Nsvdrfche Stiftung" in Linz. 
(Mit einem Bild.) Von Anton Ziegler. (Nachdr. «rb.> 
chon der schreckliche dreißigjährige Re 
ligionskrieg hatte die nordischen Herr 
scher als hartnäckige Feinde des katholischen 
Glaubens gezeigt; die Habsburger als katho 
lische Vormacht wurden damals von den 
Schweden und Dänen heftig befehdet und 
auchunserOberösterreich war mehrmals von 
nordischen Einfällen bedroht: 1626 stellte 
König Christian von Dänemark den auf 
rührerischen oberösterreichischen Bauern 
seine Unterstützung in Aussicht und 1641 
bis 1645 bedrohten die siegreichen Schweden 
unserHeimatland mehrmals mit den gleichen 
Verheerungen, mit denen sie Böhmen und 
das niederösterreichische Waldviertel ver 
wüsteten. 
Natürlich war der Haß der nordischen 
Herrscher und Staatsmänner gegen alles 
Katholische in den eigenen Ländern noch 
rücksichtsloser und die Ausübung des katho- 
lischen Glaubens war in Dänemark und 
Skandinavien bis ins XIX. Jahrhundert 
strenge untersagt und die wenigen getreuen 
Anhänger der katholischen Lehre mußten 
ihre Kinder insgeheim selbst unterrichten 
oder ins katholische Ausland schicken, um sie 
im katholischen Glauben zu erhalten. 
Da faßten der fromme Graf Fr. Ottokar 
von Starhemberg, der kaiserlicher Gesandter 
in Stockholm war, und sein Gesandtschafts 
kaplan, P. Martin Gottseer, den Plan, die 
Erziehung der wenigen katholischen nordi 
schen Kinder, und zwar erster Linie der 
Knaben, zu organisieren und der in Linz 
geborene Graf Starhemberg und der hier 
am Jesuitengymnasium tätig gewesenePater 
Gottseer erwählten unsere Stadt als Zu 
fluchtsstätte für die bedrängten nordischen 
Kinder. Im Jahre 1698 brachte P. Gottseer 
die ersten sechs schwedischen Knaben nach 
Linz, wo sie einstweilen am allgemeinen 
Jgnatinsseminar der Jesuiten (heute Volks 
kredit) erzogen wurden. Dieser Missions 
plan fand die volle Zustimmung und Unter 
stützung des Papstes und wurde auch sehr 
gefördert durch den einflußreichen Pater 
Galdenblad, einen konvertierten schwedischen 
Adeligen. Bald interessierten sich auch 
einheimische und auswärtige Adelige und 
Kirchenfürsten für das in Linz neuerstehende 
nordische Bethlehem, das ist Geburtsstätte 
für die nordländische katholische Glaubens 
bewegung. Das österreichische Kaiserhaus 
selbst unterstützte die junge Gründung durch 
mehrere größere Stiftungen und schon 
nach zehn Jahren waren so viel Geldspenden 
und Stiftplätze gesichert, daß P. Gottseer 
1708 die ersten Grund- und Häusererwer 
bungen in der damaligen Spital- oder 
Schliechtlgasse wagen konnte und daselbst 
schon 1710 ein selbständiges Konvikt er 
öffnete, das stiftbrieflich „Seminar der 
nordischen heiligen drei Könige Erich (von 
Schweden), Kanut (von Dänemark) und 
Olaf" (von Norwegen) benannt wurde, 
gewöhnlich aber „Nordische Stiftung" oder- 
kurz „Nordiknm" hieß. 
Mit reichen Mitteln unterstützt, stattete 
P. Gottseer die junge Stiftung rasch und 
großzügig aus, indem er schon bis 1710 
eiüe neue Kirche erbaute mit einer Krippen 
grotte, ähnlich der zu Bethlehem selbst. 
Diese Kirche wurde in der Folge sehr reich 
ausgestattet und hatte schließlich 14 Altäre. 
Nach ihr ist die Bethlehemstraße noch heute 
benannt. ' 
Das Konvikt selbst wurde nach Zukauf 
eines zweiten großen Freihauses von 1712 
bis 1716 vornehm ausgebaut; zum statt 
lichen dreistöckigen Hauptgebäude gehörten 
auch zwei große Gärten als Erholungs- und 
Gymnastikplätze für die Zöglinge. 
Durch den exotischen Charakter und durch 
die Verbindungen der Gründer Graf Star 
hemberg, P. Gottseer und P. Galdenblad 
wurde die Nordische Stiftung in den höchsten 
Kreisen bekannt und beliebt und fortgesetzt 
reich bestiftet, so daß schon 1748 die Mittel 
für 33 Zöglinge oder Alumnen vorhanden 
waren. 
Neben der Linzer Hauptanstalt wurde 
schon im Jahre 1716 in Schwerin eine kleine
	        
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