Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1922 (1922)

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Der: P)estkcrplcrrr. 
Original-Erzählung von Max Karl. 
(Nachdr. verb.) 
7>as war im Jahre 1713. Vor dem Bi- 
-Z*' schof Raimund von Passau stand ein 
junger Mann. Sein Angesicht war bleich, 
aber ein entschlossener Zug lag um seine 
Lippen. 
„Ich zwinge Euch nicht, lieber Kon 
frater", sagte ernst der Bischof, „aber wir 
Nun frage ich Euch noch einmal: Ist es wirk 
lich Euer fester Wille, mit Gottes Hilfe Euch 
den Pestkranken zu widmen?" 
Forschend ruhten die Augen des Bischofs 
auf dem jungen Priester. Der hob den Kopf. 
Er zuckte mit keiner Wimper. 
„Es ist mein fester Wille!" 
Garsten mit der Stiftskirche. 
können dis»Pestkranken oben im Jnnviertel 
nicht den zuständigen Seelsorgern aufbürden. 
Es ist ja alles abgesperrt und der Pfarrer 
kann, wenn er auch wollte, nicht allen helfen. 
Hier muß der Bischof eingreifen. Ich muß 
eigene Seelsorger für die Pestgegenden be 
stimmen. Da Ihr mir bekannt seid, als ein 
Priester, der sein Amt mit hoher Be 
geisterung aufgenommen hat, so habe ich 
Euch gefragt, ob Ihr nach Ostermiething 
hinaufgehen wollt. Ihr habt mir zugesagt. 
„Habt Ihr doch alles gut überlegt? Be 
denket: ich will freiwillige Seelenhirten!" 
„Alles! Ich trete nicht mehr zurück!" 
„Wißt Ihr aber, was Euch dort unter 
Umständen erwarten kann?" 
Der Blick des Priesters blieb fest. „Ich 
weiß es, bischöfliche Gnaden! Es ist der 
Tod! — Aber gibt es etwas Schöneres 
für einen Priester, als in der Ausübung seines 
Hirtenamtes für Christus und seine Kirche 
zu fallen?"
	        
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