Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1904 (1904)

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Streue. 
Eine Erzählung aus dem Volke. 
^Nachdruck verboten.^ 
einer armseligen Hütte hoch 
droben am Bergrücken, wo 
die letzten Fichten stehen und 
die niedrigen, gekrümmten 
Latschen beginnen, war die 
Heimat des Vestl (Sylvester), 
eines kleinen, sechsjährigen 
Buben mit nußbraunen Au 
gen und Haaren, roten 
Lippen und blendend Weißen 
Zähnen. 
Der Kleine war lustig 
und guter Dinge, solange er 
nur ein Stück Brot in der Tasche trug. Ein 
rechtes Kind. Er freute sich über den 
Schmetterling, der vor ihm herflatterte, über 
jedes Blümchen, das am Raine ihm zu 
nickte. Er jubelte und jauchzte, ob nun die 
Sonne sich in seinen Augen widerspiegelte 
oder ob der Wind an seinem dünnen Röcklein 
zerrte und zupfte. Er freute sich von einem 
Tag auf den andern, denn jeder Tag brachte 
ihm was Schönes. Wald und Wiese boten 
ihm ihre Schätze dar und alles trug er heim, 
um es der Mutter zu zeigen. Diese legte 
dann wohl ihre Hand auf sein Köpfchen und 
meinte: „Du bist ein Kind, Vestl, ein rechtes 
Kind!" Aber so warm schaute sie ihn an da 
bei, als ob sie ihn doppelt lieb hätte, weil 
er eben ein solches Kind war. 
So war es einst. Da wurde es anders, 
ganz anders mit einemmale. Ein Tag, ein 
paar Augenblicke nur machten das fröhliche, 
sorglose Kind ernst und still, sie warfen einen 
so tiefen Schatten auf sein Kinderglück, daß 
es kein Glück mehr war. 
Singend und voll Freude über das Bildchen, 
welches der Herr Katechet ihm gegeben, eilte 
Vestl aus der Schule heimzu und — fand 
die Hütte nicht mehr, fand Vater und Mutter 
nimmer, welche die Wächter und Hüter seines 
Glückes gewesen waren. 
Eine Schneelawine hatte sie verschüttet und 
begraben. 
Der Knabe suchte und suchte, rief zärtlich 
den Namen der geliebten Eltern, aber nichts 
antwortete ihm als das Echo der Berge. 
Da befiel ihn eine unsägliche Angst und 
er lief hinab zum Lenzbauern, bei dem der 
Vater als Holzknecht in Arbeit gestanden 
hatte. Dieser machte sich mit seinen Knechten 
sogleich nach der Unglücksstätte auf, aber 
auch sie vermochten es nicht, den Ver 
unglückten zu helfen. Der Schnee gab seine 
Opfer nicht her. 
So war der Knabe eine Doppelwaise ge 
worden. Die gutherzige Lenzbäuerin beredete 
ihren Mann, den Vestl anzunehmen und mit 
ihrem eigenen Töchterchen, der kleinen Vroni, 
zu erziehen. Er blieb im Hau^e des reichen 
Bauern und die beiden Kinder wurden bald 
unzertrennliche Spielgefährten. 
Nach einigen Jahren starb die Bäuerin 
und Vestl betrauerte in ihr die zweite Mutter. 
Die ersten Schneeglöckchen, welche sich im 
Frühlinge auf den Bergen fanden, Anemonen 
und Himmelssternchen pflückten die Kinder, 
um sie der Mutter aufs Grab zu legen. 
Und die gemeinsame Liebe zu der toten 
Mutter wurde ein Band, welches immer 
inniger die Herzen aneinander schloß. Die 
Mutter aber schaute vom Himmel auf ihre 
Kinder nieder und segnete sie. 
Die Jahre flogen schnell dahin und Vestl 
war ein kräftiger, hübscher Bursche geworden, 
dem die Arbeit nur so aus der Hand flog. 
Er arbeitete für zwei und solche Leute konnte 
der Lenzbauer brauchen. Er blieb als Knecht 
im Hause und alle hatten ihn gern seines 
offenen, ehrlichen Wesens wegen. Auch der 
Bauer konnte ihn gut leiden. Daß die Blicke 
Vestls bei der Arbeit öfter zur Vroni flogen 
und daß auch Vestl nicht zu kurz kam dabei, 
das merkte der Bauer nicht. Er kannte ja 
sein Kind am besten, glaubte es wenigstens. 
Und doch kannte er es nicht. 
Vroni dachte nicht wie der Vater, daß nur 
der Reichste gut genug für sie sei, sie nahm 
sich gar nicht Zeit, nach andern Burschen 
Umschau zu halten. Sie sah nur auf Einen 
und dieser Eine war Vestl. Für das Mädchen 
war er der Inbegriff alles Guten und Schönen, 
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