Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1887 (1887)

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Sohaim Josef Gras Kadehky. 
arschall Ra 
detzky, der 
ruhmgekrönte 
Führer der 
kaiserl. Heere, 
bildet einen 
der schönsten 
Juwelen in 
Oesterreichs 
Ehrenkrone. 
Ein wahrhaft 
edles Herz, 
voll Begeiste 
rung für 
Kaiser und 
Vaterland, 
' j schlug in 
seiner Helden 
brust. Wohl 
zeichneten sich 
auch Andere 
in Gefahren 
u. in Schlach 
ten aus; nach 
blutigen 
Kämpfen 
wand man 
den Lorbeer 
um ihre 
Stirne, nian feierte ihren Namen in Schriften und 
Gedichten. Allein während sie so in den Augen der 
Mitmenschen groß dastanden, singen sie an, den Mangel 
wahrer Größe zu offenbaren. Der Glanz ihrer Thaten 
blendete sie und mit der Zunahme von Ehren und 
Auszeichnungen wuchs auch ihr Hochmuth. Nicht so 
bei unserem Feldmarschall. Der Liebling seines Kaisers, 
der Schrecken der Feinde Oesterreichs, der hochgefeierte 
Sieger, war und blieb bis an sein glorreiches Lebens 
ende der herablassende Vater seiner Soldaten, der 
liebevolle Freund jedes einzelnen Mannes. Das ist 
wahre Größe, das ist hoher Seelenadel, wenn sich 
Jemand auf dem Gipfel des Ruhmes und der Ehren 
in gleicher Weise durch Bescheidenheit, herablassende 
Leutseligkeit und Herzensgüte auszeichnet. Und das 
war bei unserem Helden, wie wir noch sehen werden, 
im vollsten Maße der Fall. 
Feldmarschall Graf Radetzky wurde am 2. Nov. 
des Jahres 1766 in Trebnic in Böhmen geboren. 
Mit 6 Jähren verlor er seinen Vater, worauf der 
Großvater die Erziehung des Prinzen übernahm. 
Schon als Kind offenbarte Radetzky eine große 
Vorliebe für den Kriegerstand. Seine militärische Aus 
bildung erhielt er im Theresianum zu Brünn und zu 
Wien. Machte man ihm auch anfangs wegen zu 
schwächlichen Körperbaues bei der Aufnahme in die 
Bildnngsschule Schwierigkeiten, so bewiesen schon seine 
ersten Zeugnisse große geistige Fähigkeiten und außer 
dem erwarb er sich als tüchtiger Fechter und Schwimmer 
bald große Anerkennung. Mit 17 Jahren trat er als 
Cadet in das 2. Kürassier-Regiment ein, ward nach 
2 Jahren Unterlieutenant und ein Jahr später zum 
Oberlieutenant befördert. 
Da er schon damals als tüchtiger Reiter bekannt 
war, wurde er in dem bald darauf ausbrechenden 
Kriege mit der Türkei als Ordonnanzofficier des be 
rühmten Feldmarschalls Grafen Lasch verwendet. Erst 
21 Jahre alt, bewies er bereits eine kluge Umsicht 
und Kühnheit, wie sie nur solchen eigen ist, die sich 
schon oftmals im blutigen Ringen eingeübt haben. 
Als der Türkenkrieg durch die glorreiche Eroberung 
der Festung Belgrad beendet war, verlegte sich Radetzky 
in der darauffolgenden Friedenszeit ans das Studium 
der Kriegswissenschaften. Und es dauerte nicht lange, 
so sollte Radetzky Gelegenheit haben, seine theoretischen 
Kenntnisse in der Kriegswissenschaft praktisch zu ver 
werten. 
Die ungeheure französische Revolution, angekündigt 
durch die Hinrichtung des Königs Ludwig XVI., rief 
Europa unter die Müssen. Die Heere Oesterreichs 
zogen zum Schutze der Niederlande und zur Herstel 
lung des Friedens an den Niederrhein. Der junge 
Radetzky war als Ordonnanzofficier des Feldmarschall- 
Lieutenants Beaulieu bei der österreichischen Armee. 
Das Gefecht bei Arlon und die Schlacht bei Charleroi 
bildeten den Kampfplatz, auf dem sich Radetzky aus 
zeichnete und für seine Verdienste die Beförderung zum 
Rittmeister verdiente. 
Da aber Baron Beaulieu mittlerweile zum Ober 
befehlshaber der österreichischen Truppen in Italien 
ernannt wurde, musste ihm auch Radetzky als Adjutant 
dahin folgen. Hier stand Napoleon den Oesterreichern 
gegenüber. ®te- Franzosen hatten anfangs viele Vor 
theile für sich und es war der österreichischen Armee 
schwer, größere Erfolge zu erringen. Indes fochten die 
Oesterreicher bei Voltri und am Mincio mit großer 
Bravour. Einer der Tapfersten im Heere war aber 
unstreitig Rittmeister Radetzky. Er rettete durch Helden 
muth und Kühnheit den erkrankten Feldzengmeister 
Beaulieu vor der Gefangenschaft, sich selbst aber da 
durch, dass er mit seinem Pferde in den Fluß sprengte 
und unter dem heftigsten Kugelregen denselben durch 
schwamm. 
Radetzky war noch nicht 30 Jahre alt, da kam 
am 29. Mai 1796 seine Beförderung zum Major 
im Pionniercorps. Noch im selben Jahre führte er den 
Beweis, dass er ein ebenso tüchtiger Officier der tech 
nischen Truppe sei, wie er sich früher als vortrefflicher 
Cavallerie-Officier bewährt hatte. Er verstärkte die 
Außenwerke der Festung Mantua, vertheidigte muthig
	        
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