Volltext: Die Linzer Theaterfrage, oder: Kann das obderennsische landschaftliche Theater mit der seit Ostern 1863 verminderten Subvention als Kunstinstitut fortbestehen?

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und abgetrunken ist, beginnt Demodokos den Phäaken zu singen nnd 
begehrt König Rudolphs heilige Macht nach de», Sänger. Wie früher, 
so behaupten auch jetzt die Forderungen der materiellen Existenz das 
erste Recht; daher bedürfen Wirthe nie und nimmer einer Subvention 
und haben Küche und Keller den Grund ihrer Existenz in sich selbst. 
Die Kunst aber, namentlich das Theater, ist wie eine heikliche Pflanze, 
die selten ohne Schutz und Pflege eines liebenden Gärtners in freier 
Luft gedeiht. 
Richt einmal das große, reiche Wien macht hierin eine Ausnahme; 
allerdings prosperiren dort mehrere nicht snbventionirte Theater, mau 
braucht aber eben kein strenger Ästhetiker oder Moralist zu seilt, um 
ihnen einen eigentlichen Werth abzusprechen; dort haben überdies? der¬ 
gleichen Anstalten wenigstens eine Art Ergänzung nnd Reputation in 
den Hoftheatern, deren Kehrseite sie gleichsam bilden; wer in der Resi¬ 
denz auf sie allein angewiesen wäre, den hätte Niemand in der Provinz 
von Kunst wegen zu beneiden. 
Um wie viel weniger noch wird eine Stadt wie Linz der Boden 
fein, auf dem sich ein ordentliches Theater durch sich selbst erhalten 
kann. Wie groß ist hier die Zahl der Glücklichen, denen das gegenwär¬ 
tige gesteigerte Leben eine größere oder kleinere Tantieme für die Freu¬ 
den des Theaters Übrig läßt, die also leicht in das Theater gehen, 
abgesehen ob sie gerne gehen. 
Betrachten wir das Linzer Theater-Pnbüicum, so fällt jedem, der 
andere Städte Deutsch-Oesterreichs kennt, die geringe Vertretung des 
höheren Adels auf, bei dem der Theaterbesuch, weil er zum Ritus des 
vornehmen Lebens mitgehört, eine althergebrachte Tradition ist. Diese 
Kalamität beklagt mit dem jeweiligen Theater-Unternehmer die viel- 
namige Klasse derjenigen, die auf sogenannten geistigen Luxus speenli- 
ren, nnd wartet mit Sehnsucht, daß der zunächst dazu berufene Stand 
gewisse adelige Manieren annehme. Linz hat auch keine Universität, von 
deren Hörsälen der Weg in der Regel nicht weit ist in das Theater, 
ein Bortheil, den nns das mit 15.000 fl. snbventionirte Grazer Theater- 
leicht überlassen könnte. Sollte es sich dazu noch treffen, daß auch keine 
größere Garnison in der Stadt wäre, so dürfte der Theater-Director 
nicht unschwer die Häupter seiner Sieben zählen können und die Her¬ 
stellung neuer Sitzplätze als überflüssige gothische Ornamentik wenig
	        
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