Volltext: Was unsere Vorväter erduldet haben [95]

nicht das gleiche leisten könnte wie seine Väter, zürn Glück nicht 
bewahrheitet haben, wir vielmehr bewundernd vor Heldentaten 
stehen, wie sie irr solcher erdrückenden Fülle noch keine Zeit gesehen 
hat, so ist es andererseits nicht zu bestreiten, daß fern vom Feinde 
das heutige Geschlecht nicht so stumm zu leiden weiß wie das des 
Siebenjährigen Krieges und der Zeit von Preußens Erniedrigurrg 
1807 bis 1813. Eine weitgehende soziale Fürsorge im Verein mit 
dem Gefühl der Lebenssicherheit, wie es ein langer Friede erzeugt, 
und die dadurch hervorgerufene erhöhte Wertschätzung des Lebens 
und des Glückes des einzelnen haben hierbei sehr wesentlich mit¬ 
gewirkt. Die vorige Generation und die älteren Glieder der jetzigen 
haben bis zum Beginn des Weltkrieges in vollem Maße das 
genossen, was im allgemeinen als eine glückliche Zeit gepriesen 
wird. Es war eine Zeit nationalen Aufschwungs und nach 
vorübergehenden geschäftlichen Krisen zuletzt eine solche beispiellos 
günstiger wirtschaftlicher Entwicklung. Wir sind der sogenannten 
Segnungen des Friedens in vollstem Maße teilhaftig geworden. 
Wir haben jedoch auf dieser Welt kein Anrecht auf Glückseligkeit, 
wohl aber die Pflicht, uns mit den gebenen Verhältnissen abzu¬ 
finden, und die weitere, uns den Blick in die Zukunft nicht trüben 
zu lassen durch die Sorgen und Mühen der Gegenwart. Der Krieg, 
dieser gewaltige Lehrmeister, hat uns zum Besinnen auf die ernste 
Wirklichkeit, aus die Tragik des Lebens gebracht. Ansere Vorväter 
haben sie nicht in so gewaltigem Ausmaße, im einzelnen aber doch, 
wie gezeigt wurde, weit herber kennen gelernt. 
Gewiß ist früher das Mißgeschick, das den einzelnen betraf, 
oft durch mancherlei Amstände auch wieder erleichtert worden; es 
sind vor allem die vom Angemach heimgesuchten Gegenden sehr 
verschieden betroffen worden. Die dünn gesäte Bevölkerung fand 
stellenweise eher ihr Auskommen als heute. Die kleinen Städte 
waren vor hundert Jahren noch vielfach agrarisch durchsetzt. Äber- 
haupt lebte nur ein knappes Viertel der Bevölkerung in Städten, 
drei Viertel auf dem Lande.*) Die Naturalwirtschaft überwog 
noch überall. Andererseits dürfen wir nicht vergessen, daß die 
mangelhaften Verkehrsverhältnisse der älteren Zeit die Hilfe¬ 
leistung von Gegenden, die weniger von Kriegsnot und Mißwachs 
zu leiden hatten, an andere sehr erschwerten, wenn nicht unmöglich 
*) Sombart, Die deutsche Volkswirtschaft im neunzehnten Jahrhundert. 
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