Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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Ist die Aufgabe nicht sogar im Widerspruch mit sich selbst? Die 
menschliche Freiheit soll dargethan werden als eine nothwendige 
Folge. Ist, was nothwendig folgt, nicht schon deßhalb das Ge 
gentheil der Freiheit? 
In dem Sinne, worin Spinoza die Willensfreiheit verneint 
hat, bleibt sie verneint; und wenn sie dennoch bejaht wird, so 
kann dieß nur in einer Richtung geschehen, die mit dem Sinn 
und der Methode des ganzen Systems völlig übereinstimmt. Sie 
ist verneint als Willkür; sie kann nur bejaht werden im Einklänge 
mit der nothwendigen Ordnung der Dinge als eine nothwendige 
Machtäußerung der menschlichen Natur. Es kann sich hier nur 
handeln um die Freiheit (nicht des Wollens sondern) des Kön 
nens, um ein Wollen, welches dem Können gleichkommt und 
durch dasselbe bedingt ist. 
Man hat für die Freiheit des menschlichen Willens im ge 
wöhnlichen Sinne verschiedene Beweise vorgebracht, für deren Gel 
tung man die Erfahrung in Anspruch nimmt. Aber Erfahrungs 
gründe rechtfertigen nie, was Vernunftgründe verwerfen; und 
es läßt sich auch im Einzelnen zeigen, daß diese Erfahrungsbe 
weise falsch sind. Die Einen berufen sich auf die Abhängigkeit 
der körperlichen Bewegungen von unserem Willen, die Anderen 
auf die Unabhängigkeit des Willens von der Einsicht. Beides 
ist falsch. 
2. Die vermeintliche Abhängigkeit der Bewegungen 
vom Willen. 
Die körperlichen Bewegungen sind nicht abhängig von unse 
rem Willen, ebenso wenig als der Körper abhängig ist vom Geist. 
Diese bestimmten Bewegungen, so meint man, erfolgen, sobald 
wir sie wollen. Aber dieselben Bewegungen erfolgen auch ohne
	        
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