Volltext: Vorsicht! Feind hört mit!

Herbert v. Bose ~ U. 8. A, Ln Tätigkeit 
In Langres wurde eine Nachrichtenschule eingerichtet, an der englische Nachrichten¬ 
offiziere unterrichteten. Den besonderen Unterricht über Deutschland und die deutschen 
Armeen leitete ein Offizier deutschamerikanischer Herkunft. Äon Zeit zu Zeit wurden 
die Nachrichtenoffiziere des geheimen Nachrichtendienstes nach dort auf Kurse von vierzehn 
Tagen bis zu zwei Monaten kommandiert, um mit den neuesten Erfahrungen vertraut 
gemacht zu werden. 
Die Organisation des Frontnachrichtendienstes zeigte kaum wesentliche Unterschiede 
gegenüber der deutschen oder französischen, die ja aus den Erfahrungen und den Bedürfnissen 
des täglichen Kampfes entstanden waren. Flieger- und Ballonbeobachtung, Erdbeobachtung, 
Licht- und Schallmeßtrupps, Presseauswertung, alle diese Hilfsmittel der Truppenführung 
lernten die Amerikaner bald musterhaft zu handhaben. Eigenartig berührt es, wenn, 
wie ja stets, die Amerikaner behaupten, daß auch dieser Frontnachrichtendienst „bei weitem 
der beste von allen" gewesen sei. Immerhin muß er erstaunlich gewesen sein, denn 
Thomas M. Johnson erzählt in seinem Buche „Dunkle Wege Amerikas im Welt¬ 
kriege": „Unsere Nachtflieger meldeten es nns, als die österreichischen Divisionen an 
der Westfront die Deutschen im Stiche ließen, da war jede Eisenbahnstation taghell 
beleuchtet wie eine Kirche." Da haben die amerikanischen Beobachtungsflieger tatsächlich 
mehr gesehen als andere, denn weder Deutsche noch Österreicher haben österreichische 
Divisionen an der Westfront gesehen. Der amerikanische Beobachtungsflieger war eben 
tüchtiger, er sah sogar das, was keiner sonst sehen konnte. 
Es ist überhaupt bezeichnend für das amerikanische Wesen, mit welchem Aufwand 
gearbeitet wurde. Mit Stolz wird erzählt, daß die Abteilung 0 2 in eigener Druckerei 
in der Zeit zwischen dem i. Juli und i. November 1918 nicht weniger als 5 Millionen 
Karten herausgab. In den letzten drei Monaten des Krieges warfen amerikanische 
Flieger nicht weniger als 3 Millionen Flugblätter hinter den deutschen Linien ab! 
Besonders groß war die Anzahl der für den geheimen Nachrichtendienst zur Ver¬ 
fügung stehenden Leute. Bunt genug war das Expeditionskorps, das Elemente aller 
europäischen Länder enthielt. Amerikaner spanischer, schweizerischer, holländischer und 
nordischer Herkunft standen zur Verfügung, ebenso wie Deutschamerikaner, die sich 
zum Spionagedienst gegen ihre alte Heimat hergaben. So war es verhältnismäßig leicht, 
eine Auswahl zu treffen. Viele von den Agenten hatten schon in alliierten Diensten 
gestanden und gingen zu den Amerikanern über, weil sie dort bessere Bezahlung erhofften. 
Auf Anraten des englischen Nachrichtendienstes machte sich der junge amerikanische 
Nachrichtendienst sofort daran, seine Fühler in das neutrale Ausland zu stecken. Zuerst 
gab man den ausländischen amerikanischen Stellen in Holland, Skandinavien und der 
Schweiz besonders in der englischen Nachrichtenschule ausgebildete Offiziere bei. Diese 
hatten die Aufgabe, zunächst in engster Anlehnung an dir örtlich vorhandene englische 
Nachrichtenstelle, den von den amerikanischen amtlichen Stellen betriebenen wirtschaft¬ 
lichen und politischen Nachrichtendienst auch auf das militärische Gebiet auszudehnen. 
Man kann sagen, daß der Amerikaner sich auf diesem Gebiet äußerst gelehrig zeigte und 
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