Volltext: Sozialismus und Sozialisierung in England

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unter Verwirklichung einer weitgehenden Mitbestimmung der 
Arbeiter gestellt. Bereits 1914 beschlossen sie auf ihrer General 
versammlung: »daß kein System des Staatseigentumes der Eisen 
bahnen den organisierten Eisenbahnern annehmbar sein wird, das 
ihnen nicht ihre vollen politischen und sozialen Rechte sicherstellt, 
ihnen einen angemessenen Anteil an der Kontrolle und Verant 
wortlichkeit in bezug auf das sichere und zuverlässige Arbeiten 
des Eisenbahnsystems überträgt und ihnen einen angemessenen 
und gerechten Anteil an den wachsenden Erträgnissen sichert, 
die von einer wirtschaftlichen und nach wissenschaftlichen Ge 
sichtspunkten geleiteten Betriebsführung zu erwarten sind« 1 ). Der 
Gewerkschaftskongreß von 1917 hat den Beschluß der Eisenbahner 
unterstützt. Daß die Verstaatlichung heute von den Arbeitern 
nicht mehr als die Erfüllung des Sozialismus angesehen wird, be 
weisen ein ähnlicher Beschluß der Vereinigung der Postangestellten, 
die gleichfalls verlangen, aktiv zur Verwaltung ihres Dienstzweiges 
herangezogen zu werden, und gleichlautende Forderungen der An 
gestellten der staatlichen Verwaltung. 
Die Durchführung der Sozialisierung, die seit dem Kriege 
in viel stärkerem Maße als früher die Politik wichtiger Teile der 
englischen Arbeiterschaft beherrscht, ist eine Forderung, deren 
Erfüllung nicht so sehr von den Unternehmern als vom Staate 
abhängt. Ein großer Teil der Streiks, die in den letzten Jahren 
das englische Wirtschaftsleben erschüttert haben, trug daher inso 
fern politischen Charakter, als sie teilweise um Ziele geführt 
wurden, die nur auf dem Wege über das Parlament zu erreichen 
waren. Demgemäß sind fast alle großen Arbeitskämpfe des letzten 
Jahrzehnts beendet worden nicht durch Abkommen zwischen den 
Parteien allein, sondern durch Abkommen, bei denen die Regierung 
als dritter Kontrahent beteiligt war; diese Entwicklung ist durch 
die staatliche Kontrolle wichtiger Wirtschaftszweige während des 
Krieges noch verstärkt worden. 
Hält man sich an die programmatischen Forderungen, so er 
scheint ausschlaggebend für das Verlangen nach Mitbestimmung 
nicht in erster Linie eine stärkere Beteiligung der Arbeiter am 
Ertrage der Unternehmungen etwa im Sinne eines Rechtes auf 
den vollen Arbeitsertrag, sondern übereinstimmend werden folgende 
Motive vorangestellt * 2 ): 1. Der Wunsch der Arbeiter nach Aus- 
*) Webb , a. a. O., S. 661. 
2 ) Damit soll jedoch nichts über die Dauer dieser Motive ausgesagt werden; 
namentlich muß dahingestellt bleiben, ob nicht die Gefahr der Lohnherabsetzung,
	        
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