Volltext: Hier spricht der Feind

wartete; in der Nähe war Kalziumfeuer an mehreren Stellen verteilt, wo früher 
die Boje von Stroom Bank gewesen war. Vier Minuten, bevor der Kreuzer an 
dieser Stelle ankam, und nur 15 Minuten vor dem Zeitpunkt, für den die Ankunft 
vor der Hafenmündung festgesetzt war, wurde an die Artillerie das Signal zur Er¬ 
öffnung des Feuers gegeben. Zwei Torpedoboote sausten gegen die beiden Enden 
der Pfahldämme heran und torpedierten diese. Auf dem westlichen Ende war 
eine Maschinengewehrstellung gewesen, die in Flammen und Trümmern ver¬ 
nichtet wurde. Das Explofionsgeräusch bildete das vereinbarte Signal; über der 
Stadt antwortete eine Feuerflamme, die langsam erdwärts schwebte und meldete, 
daß die Flieger verstanden hatten. Gleichzeitig mit dem Einschlag der ersten Gra- 
naten von den Monitoren, fingen ihre Bomben an niederzuregnen. 
Trotz ihrer Wachsamkeit scheint die Überraschung bei den Deutschen voll¬ 
ständig gewesen zu sein. Vis zur Explosion der abgefeuerten Torpedos war 
an der Küste kein einziger Kanonenschuß gefallen; nur die Leuchtkugeln 
stiegen wie gewöhnlich in Zwischenräumen zum Himmel. Die Wachtboote 
führten ihre Rolle ganz wunderbar aus. Diese winzigen Kriegsschiffe, mit 
einer Bemannung von lauter freiwilligen Offizieren und Matrosen der Reserve, 
haben aus der Raucherzeugung eine Spezialität gemacht; auf jeder Seite der 
„Vindictive" brachten sie ihr ein gewaltiges Rauchopfer dar, das der Wind vor 
ihr her zum Ufer hinüber verwehte. Die Leuchtkugeln verblaßten und loschen als¬ 
bald aus, wenn sie in den Rauch gerieten; die Strahlen der Scheinwerfer schienen 
sich auf seiner Oberfläche zu brechen. Die Beobachtungen der schweren Batterien 
entdeckten nichts, bis zu dem Augenblick, wo die flankierenden Kanonen auf die 
Explosionen hin zu donnern anfingen. Alsbald ging auf allen Seiten ein be¬ 
täubendes Konzert los. Die Küste in der Gegend von Ostende ist von mächtigen 
Batterien geschützt, von denen jede unter einem besonderen Namen bekannt ist: 
Tirpitz, Hindenburg, Deutschland, Cecilia usw; das Kaliber der verschiedenen Ge¬ 
schütze reicht von 15 bis 38 Zentimeter. Seit dem ersten Kriegsjahr bekämpft 
unsere Marineartillerie diese Kanonen. Sie eröffneten das Feuer auf die Rauch¬ 
wolke und die Monitore dahinter. Die Bemannungen der Monitore ant¬ 
worteten, während die Flugzeuge ihre Bomben im Feuer der Flaks abwarfen. 
Die Leuchtkugeln stiegen hoch und fielen langsam nieder, wobei sie grüne Licht¬ 
scheins auf die Rauchbänke warfen, und die Schwärme grüner Leuchtkugeln, die 
unsere Flieger „Leuchtzwiebeln" nennen, gingen in den Wolken unter. Inmitten 
dieses Durcheinanders, dieses Schlachtendonners, durchschnitt die alte „Vin¬ 
dictive" ohne jede Eile die beleuchteten Waffer, um den Hafeneingang zu ge- 
winnen. An Bord der Torpodozerstörer bemerkten unsere Leute plötzlich, daß 
der scheinbare Rauch ein kalter Nebel war und große Wassertropfen von den 
Takelagen fielen. Man sah keine Sterne mehr, vom Meer her drang dichter 
Nebel. Die Torpodozerstörer mußten Feuer anzünden und ihre Sirenen pfeifen 
233
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.