Volltext: Schreib das auf, Kisch!

der Gedanke an die Wirkung, die mein Brief auf die des ein¬ 
zigen Sohnes beraubten Eltern ausüben müsse, erschütterten 
mich dermaßen, daß ich während des ganzen Tages keiner an¬ 
deren Gedanken fähig war. 
Sonntag, den 4. Oktober 1914. 
Heute, an Kaisers Namenstag, erhielten wir Pakete, von der 
Bevölkerung Piseks dem Hausregiment gesandt, warme Wäsche, 
Tücher, Schokolade; einige Kinder hatten Zuckerln beigepackt 
und dergleichen. Wir beschenkten die Ärmsten, d. h. die, die 
keine Pakete bekommen hatten. Ich behielt ein Abziehbild, 
womit ich ein Holz auf meiner Kugeldeckung schmückte. 
Im Armeebefehl steht heute, daß der Krieg längere Zeit in 
Anspruch nehmen wird. Herr des Himmels I 
Montag, den 5. Oktober 1914. 
Tagesgespräch: Gestern abend hat in Salas, in den Garten, wo 
sich das Offizierskorps des Artillerieregiments zum Nachtmahl 
(nach einer Version: zur Abfertigung) versammelt hatte, eine 
serbische Granate eingeschlagen, den Oberst-Regimentskom¬ 
mandanten schwer verletzt, einen Major und einen Fähnrich 
(Fürth aus Budweis) getötet, sowie andere Offiziere verwundet. 
Einige Leute reden von Verrat, andere wieder wollen darin eine 
Meisterleistung der serbischen Artillerie sehen. In Wirklichkeit 
handelt es sich nur um einen Glücksfall, den die Serben mit 
diesem Volltreffer hatten, denn wenn auch die Stellung genau 
verraten worden wäre und wenn die serbische Artillerie noch so 
brillant gearbeitet hätte — daß die Granate gerade den Oberst 
und das Offizierskorps treffen werde, konnte selbst der kühnste 
serbische Optimist nicht ahnen. 
Dienstag, den 6. Oktober 1914. 
Von dem ganz nahe (etwa 80 Schritt) liegenden Feind sieht 
man nur für wenige Sekunden die Köpfe. Man kann auf die 
10 Kisch, „Schreih das auf“ 
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