Volltext: Schreib das auf, Kisch!

zu tun. Man sprach allgemein davon, daß der Chefarzt, Doktor 
Maschek, der einzige aktive Arzt des ganzen Regiments, sich 
marod gemeldet hat und abgereist ist. Gegen Mittag traf ich bei 
der Kompagnie ein und erfuhr wieder von neuen Verlusten. 
Auch beim Train hatte ich über Freunde aus anderen Teilen 
unseres Regiments Hiobsbotschaften genug gehört, von denen 
jede einzelne in anderen Zeiten einen niederschmetternden Ein¬ 
druck hervorgerufen und in einer ganzen Stadt monatelang das 
Tagesgespräch gebildet hätte. Man ist aber hier von all dem 
Gräßlichen schon abgestumpft. 
Es kamen heute Ausrüstungssorten an, und ich bekam einen 
neuen Tornister. Er ist neu, und sein Riemenzeug strahlt wie 
Juchtenleder. Jetzt sehe ich wie ein Rekrut aus. Mein Post¬ 
paket enthielt Winterwäsche. Es war höchste Zeit. 
Freitag, den 2. Oktober 1914. 
Wieder hat die Naeht Verluste gebracht. Der Kadett Rudolf 
Rößler aus Niedereinsiedel war, seit wir im selben Eisenbahnzug 
aus Pisek abreisten, mit mir beisammen gewesen, da die 15. und 
16. Kompagnie als Halbbataillon nebeneinander lagen. Vor¬ 
gestern war die 16. Kompagnie aus der Reserve in die Schwarm¬ 
linie beordert worden; Rößler hatte sich von mir verabschiedet, 
„als ob es in den Tod gehe“, und mir die Adresse seines Vaters 
gegeben. Heute früh erfuhr ich, daß er mit einem schweren 
Bauchschuß bewußtlos zum Hilfsplatz getragen worden ist. Gegen 
11 Uhr kam der Blessiertenträger mit der Meldung, daß Rößler 
dort seiner Wunde erlegen sei. 
Sein Kompagniekommandant, Hauptmann Mikulasch, war vor 
drei Wochen dem Divisionskommando zugeteilt worden, mußte 
aber gestern abend zu uns zurück, da beim Regiment kein Haupt¬ 
mann in derFront ist. AmMorgen trug man ihn vorbei. Fußschuß. 
Mittags kamen die Menageträger. Unter ihnen war — Sperl. 
Er hatte auf keinen Fall im Spital bleiben wollen. „Von morgen 
ab bin ich wieder in der Schwarmlinie,“ versicherte er. 
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