Volltext: Sagen und Legenden aus dem Mondseelande

fahrten und auch heute noch pilgern 
Hunderte von Gläubigen über den Fal¬ 
kenstein nach diesem Gnadenorte. 
„Wallfahrer ziehen durch das Tal!" 
Sie tragen ihre Buß steine zum Falten ¬ 
steinkreuz, beten in Wolfgangs idylli¬ 
scher Klause, rühren das Glöcklern, 
waschen beim Wolfgangbrunnen Augen 
und Hände und drehen die steinerne 
Bußsäule. Einsamkeit ringsum. Schwei¬ 
gen im Walde! Nur die von den Tan¬ 
nenästen herabfallenden Tropfen mengen 
sich in das Gemurmel der Dahinziehen¬ 
den. 
On St. Wolfgang verrichten sie wie¬ 
der ihre Andacht, bewundern nebst den 
herrlichen Schätzen der Mondseer Kunst 
auch die Reliquien, die hier zur Erin¬ 
nerung an den hl. Bischof aufbewahrt 
sind. so angeblich das Beil, den Hirten¬ 
stäb. die goldgestickten Schuhe und den 
Kelch, dessen sich Wolsgang beim Got¬ 
tesdienste bediente, nachdem sie schon 
Tags zuvor in Mondsee beim Wols- 
gangialtar einen Mahlzahn des Hei¬ 
ligen betrachteten, der in einem kleinen 
Schreine, in Goldfäden und Perlen ge¬ 
faßt. daselbst zur Verehrung ausgestellt 
ist. 
Der große, hochgerühmte Bischof, 
dem dann die Christianisierung der Ost¬ 
mark übertragen wurde, der die Be¬ 
wohner an der Arl und Erlaf der Kultur 
zuführte, Wieselburg gründete und die¬ 
ses und Steinakirchen mit Mönchen aus 
seinem Eigenkloster Mondsee besetzte, 
vollendete seinen segensreichen Lebens¬ 
lauf am 31, Oktober 994 in der Nähe 
von Pupping. 3m Vorgefühle seines 
nahen Todes lieh er sich in die Kapelle 
des Hl. Otmar tragen, empfing die Sa¬ 
kramente mit Liebesglut und entschlief, 
nachdem er noch rührende Worte an 
die Anwesenden gerichtet, ruhig und selig 
im Herrn, dem er sein ganzes Leben, 
sein Wollen und Können geweiht. Mond- 
see reihte ihn unter seine Schutzheiligen. 
Wunder auf Wunder folgte. Sage, 
Legende und Dichtung haben dann um 
das Haupt des großen Bischofs einen 
blütenreichen Kranz gewunden. Scheffels 
Bergpsalmen aber umtauschen den Fal¬ 
kenstein und verleihen der Alpengegend 
neuen poetischen Reiz: 
„Ein rauher Psalm tauscht durch den 
Tann. 
Ohn singt ein frommet deutschet Mann, 
Der jetzo vor neunhundert 3ahr 
Zu Regensburg ein Bischof war. 
Aus Kaiserfehde und Fürstenstreit 
Floh er in diese Alpeneinsamkeit. 
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Denn wo der Haß in Waffen tost 
3st Hochgebirg der Weisen Trost. 
Ant Abersee sein Kirchlein stand, 
Roch heut dem Pilger wohlbekannt, 
Und auch wer keinen Ablaß sucht. 
Denkt sein im Horst der Falkenschlucht!“ 
2. Der heilige Koloman. 
Auf der Kuppe des 3ttsberges, der 
sich von Mondsee aus gegen Rordwest 
hinzieht, steht in romantischer Lage ein 
Kirchlein, das dem heiligen Koloman 
geweiht ist. Mitten in der Waldwildnis 
erhebt sich, vielleicht an der Stelle einet 
uralten Kultstätte, das ganz nach Art 
der Bauernhäuser der hiesigen Gegend 
aus Holz gebaute Gotteshaus. 
Die Legende erzählt, daß der irlän¬ 
dische Königssohn Koloman auf seiner 
Pilgerreise ins heilige Land an diesem 
idyllischen Platze getastet habe. Wald- 
vöglein brachten ihint süße Beeten zur 
Otahrung und die sonst scheuen Rehe 
zeigten ihm eine Blöße int Tannenforste, 
wo er genießbare Schwämme, saftige 
Kräuter und nahrhafte Wurzeln fand. 
So verbrachte er als frommet Siedlet 
einige Zeit in dieser Waldesruhe, und 
als et Gott um Wasser anflehte, um 
feinen brennenden Durst zu löschen, siehe, 
da murmelte eine Quelle aus den Berg- 
schründen. Dankbar erhob er seine Hände 
und segnete den frischen Quell, dessen 
Wasser dann den Btesthasten Linde- 
derung ihrer Leiden und den Augen» 
kranken völlige Heilung brachte. Roch 
heute wäscht jeder Besuchet dieser Gna- 
denstätte Augen, Hände und Glieder, 
und so wirkt der segenspendende Kolo- 
mansbrunnen gläubige Wunder bis in 
die fernsten Zeiten. Das tännene Kreuz, 
so beim Brunnen seit ältester Zeit errich¬ 
tet gewesen, heute aber leider verfallen 
ist. schaute hinab auf die altehrwürdi¬ 
gen Türme des romanischen Mondseer 
Münsters und das silberhelle Wasser eilt. 
sich oft überstürzend, über grüne Hänge 
zu Tal, wo es in die Zellerache mündet. 
Eine lange Strecke hindurch erblickt man 
das klare, glänzende Quellwasser im 
Flußlaufe, bis es fich endlich mit den 
Fluten der Ache vermengt. 
Koloman verlieh dann diese 3dhlle 
und zog auf seiner weiteren Reise ins 
gelobte Land nach Riederösterreich, wo 
er zu Stocketau der Spionage be¬ 
schuldigt und am 17. 3uli 1012 an 
einem Holunderbaum gehenkt und schreck¬ 
lich gemartert wurde. Durch, ein Wun¬ 
der blieb sein Leichnam zwei volle 
3ahre unverwest, bis er endlich ausge-
	        
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