Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

186 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
den Rhein entlang genommen. Daß die Flieger auch eine weite Strecke schweizerischen 
Gebietes überflogen haben, ist zweifelsfrei festgestellt. Der gelandete Apparat ist ein 
Avrot-Doppeldecker, der mit einem achtpferdigen Gnomemotor ausgestattet ist. Die 
Tragflächen sind von zahlreichen Schüssen durchlöchert, und der Benzinbehälter wurde, 
wie bereits gemeldet, so stark beschädigt, daß der Flieger zur Landung gezwungen wurde. 
Seine Verwundung, eine Schußwunde am Kopf, hätte den Flieger am Weiterfliegen 
nicht gehindert. Der zweite Flieger wurde durch das kräftige Feuer der Wachmann 
schaft gleich vertrieben, und der dritte Flieger hat sich in die Nähe der Halle überhaupt 
nicht herangewagt." 
Der gefangene Fliegeroffizier Briggs hat bei seiner Vernehmung folgendes zu Pro 
tokoll gegeben: „Seit Kriegsausbruch bin ich als Kommandeur eines zur britischen 
Marine gehörigen Flugzeuggeschwaders tätig; in der letzten Zeit vor meiner Gefangen 
nahme machte ich meine Flüge von Belfort aus. Als Anführer eines Flugzeug 
geschwaders erhielt ich den Auftrag, die Zeppelinwerke in Friedrichshasen anzugreifen. 
In Ausführung dieses Auftrags befand ich mich am 21. November 1914 in meinem 
zweisitzigen Aeroplan ohne Begleiter über den Zeppelinhallen in Friedrichshafen. Ueber 
diesen erhielt ich um die Mittagszeit in einer Höhe von etwa hundert Meter einen 
Schuß in meinen Benzinbehälter, der mich zu sofortiger Landung zwang, auch erhielt 
ich durch einen Streifschuß eine leichte Wunde über dem rechten Ohr, die blutete. 
Ich mußte ganz nahe bei zwei Luftschiffhallen aus die Erde niedergehen; ich landete 
auf einer ebenen Fläche neben diesen, ohne daß mein Flugzeug bei dieser Landung 
weiterhin zu Schaden kam. Nach der Landung blieb mein Flugzeug auf der Erde. 
Gleich nach der Landung feuerte aus der Richtung von den beiden Hallen her ein deut 
scher Soldat aus einer Entfernung von ungefähr vierzig Meter nacheinander fünf Ge 
wehrschüsse auf mich ab, die mich aber nicht trafen. Daraus hielt ich meine Hände 
empor: es kamen sodann mehrere Personen — es waren sowohl Militär- als auch 
Zivilpersonen — auf mich und mein Flugzeug zugelaufen, in dem ich an meinen 
Gurt angebunden saß. Ich wurde von meinem Gürtel befreit, dann wurde ich 
aus dem Flugzeug herausgezogen. Während ich mit dem Gesicht nach unten dabei 
den Oberkörper vorgebeugt halten mußte, erhielt ich oben auf den Kopf einen starken 
Schlag, den ich wuchtig durch meine dicke Fliegermütze fühlte. Als ich aus dem 
Flugzeug vollends herausgezogen war und auf meine Beine zu stehen kam, stand ich 
zwischen zwei Soldaten, die mich festhielten. In meinem Rücken befand sich eine Menge, 
die ihrem Benehmen nach anscheinend auf mich eindringen wollte; ich wurde dann so 
gleich von den beiden Soldaten nach dem wenige Minuten entfernten Wachthaus gebracht. 
Dort blieb ich etwa eine halbe Stunde. Ein Deutscher sprach dort mit mir Englisch, als 
er mir Wasser zu trinken gab. Dieser Deutsche und die beiden Soldaten brachten mich 
sodann im Auto ins Friedrichshafener Spital; dort suchte mich am folgenden Tage der 
englischsprechende Deutsche auf und erklärte mir bei dieser Gelegenheit, der bei der Lan 
dung hinzugekommene deutsche Offizier habe mir wahrscheinlich das Leben gerettet; er 
sei zwischen mich und die Menge getreten, als ich aus dem Flugzeug herausgezogen, 
weggeführt wurde. Der Offizier habe gedroht, jeden ^niederzuschießen, der sich an mir 
vergreifen würde. Mir ist nun eine Veröffentlichung des „Matin" vom 27. November 
1914 vorgelesen worden, die folgenden Wortlaut hat: „Als Höhepunkt der Feigheit 
wird bezeichnet, daß ein deutscher Offizier den heruntergeschossenen Flieger Briggs mit 
der Reitpeitsche blutig züchtete." Demgegenüber erkläre ich: „Weder der deutsche Offi 
zier, der bei der Landung zugegen war, noch irgend ein anderer deutscher Offizier hat 
sich an mir vergriffen, geschweige denn mich mit einer Reitpeitsche blutig geschlagen, seit 
ich aus dem Flugzeug herausgehoben worden war. Vorher habe ich nur einen einzigen
	        
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