Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Südlich der oberen Weichsel von der Wiedereroberung Lembergs bis zur großen Offensive 73 
viel schöner und fruchtbarer ist, als wir je geahnt haben, herausgeworfen wurden, so 
erbost, daß sie ihre Wut an den in ihre Hände gefallenen Deutschen ausließen. Als 
unseren Leuten bei dem zweiten Vormarsch über den Dnjestr von den Landesbewohnern 
erzählt wurde, daß die Russen die bei Czeremchow in ihre Hände gefallenen Verwundeten 
wie Hunde totgeschlagen und unbeerdigt gelassen hätten, da war es auch mit ihrer 
Gutmütigkeit aus; kam es erst zum Nahkampf, dann gab es kein Pardon mehr. 
Aber um so grausiger sahen die Schlachtfelder aus; so viel Tote, wie ich bei Rogozno, 
später bei Bortniki und schließlich bei Podgrodjie beieinander gesehen habe, habe ich 
vordem noch nicht liegen sehen. Es war grauenhaft. ..." 
Weiter nach Osten 
Von Hellmuth Unger 
Noch ein Siegestag glühte auf, der eines galizischen Ortes Namen ins Buch der 
Weltgeschichte schrieb. Der Name hieß Rohatyn. Bergland schiebt sich von Osten und 
Westen an die Ortschaft heran, das den Keil Flachlandes, der sich von Süden her 
hereinschiebt, wie eine Zange umfaßt. 
Hier lagen die „russischen Terrassen". Wer diesen Ausdruck gefunden hat, weiß ich 
nicht, treffender aber konnte kein zweiter sein. In drei übereinander gelegenen Terrassen 
hatten die Russen hier nochmals Verteidigungsstellungen eingenommen, die nach Süd 
osten das Gebirgsland umsprangen. Und wieder mußte die schwere Artillerie spielen, 
die Gräben sturmreif zu machen. Die Zähigkeit des Gegners, der selbst auf wochen 
langem Rückmarsch bei ungeheuren Verlusten an Toten, Verwundeten und Gefangenen 
nicht kleinzubekommen sein schien, war bewundernswert. Ueberlegene Artillerie deckte 
ihn zu. Jeder war des neuen Erfolges gewiß trotz alledem. Und dann fetzte das 
Lärmen aus. Totenstille ringsum, peinigend, anspannend, jeden emporreißend. Lange 
Minuten wiederum, bis das Signal zum Angriff kam. Wo standen jetzt die russischen 
Maschinengewehre eingegraben, die manchem sicheren Tod bringen würden? Das Signal 
zum Stürmen überflutete alles. Brausend, überwältigend, mitreißend brach das „Hurra" 
aus tausend Kehlen, sprang wie ein flackernder Springquell aus dem Tal, schlug wie 
eine heiße Welle dem Feind entgegen. 
Eine Viertelstunde währte der Kampf. Das war eine Zeitspanne, in der man gerade 
die Höhen erklimmen konnte, als liefe man ungehindert hinaus. Und wie ein Lähmen, 
das den Finger am Abzug unbeweglich machte und das Auge hinter dem Visier starr 
und blind, so muß es die Russen überkommen haben. Sie sahen die andringenden 
Scharen, sie konnten gerade die Hände erheben, als die Sturmkolonnen auch schon über 
sie gekommen waren. Tausende Gefangene stampften, von preußischer Kavallerie und 
von Honvedhusaren begleitet, auf staubigen Straßen westwärts, stumpfe Gesichter, müde 
Gestalten. Und mancher war dabei, der wieder durch Orte kam, in denen er monate 
lang im Quartier gelegen. Mit stillem Ingrimm mußte er jetzt sehen, daß dort kleine 
bunte Fahnen flaggten, die die Farben seiner Feinde trugen. Sie flatterten so noch 
vom Tage von Lemberg her. Westwärts in die Gefangenenlager führte sein Weg, 
während seines Zars Truppen wieder weiter nach Osten Rettung vor ihrem übermäch 
tigen Feinde suchten. 
Die Tage hatten Blut gekostet, für die Russen wie für uns. Landeskinder aller 
deutschen Staaten hatte das sirrende Eisen geschlagen. Und wenn man das Herrlichste 
dieser Schlachtenstunden erwähnen will, darf man der Verwundeten nicht vergessen. 
Deutschland, mein Deutschland, wie groß bist du! Leichtverwundete, die nur Hand- 
und Armverletzungen hatten, zogen singend und fröhlich nach den Lazaretten, wo sie 
Pflege und Hilfe fanden. Schwerverwundete sah ich, die in Autokolonnen hinter die
	        
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