Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

10 Der italienische Krieg bis zur dritten Jsonzoschlacht 
Von der Stimmung des italienischen Volkes 
Ueber die Stimmung in Italien in den ersten Tagen nach der Kriegserklärung ist 
schon früher berichtet worden (vgl. VI, S. 306). Nach einer Korrespondenz des „Berner 
Bund" herrschte zunächst „allgemeines Vertrauen aus einen guten Ausgang des Krieges, 
obgleich eine spontane große Begeisterung äußerlich kaum zutage trat. Die Presse machte 
dem Bürger täglich klar, daß er sich das Unternehmen nicht allzuleicht vorzustellen 
habe und daß es dabei wohl auch Niederlagen absetzen werde, doch könne jeder sicher auf 
ein gutes Ende zählen. Eine gewisse Gewähr für den siegreichen Ausgang des Krieges 
liege für den Italiener nicht zum geringen Teil in den Führern des Heeres und der 
Marine, Cadorna und dem Herzog der Abruzzen, die sich beide einer uneingeschränkten 
Volkstümlichkeit erfreuten." 
Andererseits fehlt es auch nicht an Nachrichten, die zeigen, daß es trotz aller Be 
geisterungsmache nicht nur auf dem Lande, sondern auch in den Städten, ja selbst in 
Rom angesehene Kreise gab, die sich durchaus nicht mit dem Kriege befreunden konnten. 
„Dieser Tage sah man," schreibt der Berichterstatter des „Temps", „verdächtige Leute in 
die vom Volk besuchten Schenken schleichen und versuchen, durch ihre Reden Mißtrauen 
zu säen. Man hat sie fast alle verhaftet. Leider arbeiten diese deutschen Agenten aber 
nicht nur in den Schenken, man steht sie auch in den Salons an der Arbeit, und es sind 
jetzt teils adelige Damen von Stellung, teils sogar ehemalige Diplomaten, die den Staat 
in Gefahr sehen, da er aus ihre Dienste verzichtet hat. Gewohnt, Deutschland und 
Oesterreich als unverwundbar anzusehen, können diese Politiker und Leute der Gesell 
schaft sich nicht darin ergeben, diese Staaten, die ihr Snobismus als übermenschlich be 
wundert, unterliegen zu sehen. Wir glauben zu wissen, daß die italienische Regierung, 
deren Tatkraft sich jeden Tag entschlossener bekundet, bereit ist, selbst gegen diejenigen 
strengstens vorzugehen, die sich vermöge ihrer sozialen Stellung unantastbar halten, und 
daß alle schlechten Patrioten, in welchem Range sie auch stehen, unerbittlich getroffen und 
unschädlich gemacht werden." 
Auf dem Lande fanden vielfach antimilitaristische und kriegsfeindliche Kund 
gebungen statt. Wie der Prior des bosnischen Franziskanerordens Michatschewitsch, der 
in Padua der Verhaftung entging, erzählte, haben ungefähr 1000 Frauen einen Militär 
zug auf der Station Caserta aufgehalten mit den Rufen: „Wir haben niemand, der 
die Felder bestellt!" „Wir müssen Hungers sterben!" In Bologna habe sich ein ganzes 
Regiment dem Einberufungsbefehl widersetzt. Die Militärbehörden griffen zu einer 
Finte, indem sie die Leute zu Schanzarbeiten anwarben und, als sie sich zur Arbeit 
meldeten, sofort festnehmen ließen; dadurch seien größere Tumulte vermieden worden. 
Aber auch in Turin fanden in den Pfingsttagen schwere Ausschreitungen durch die 
einberufenen Rekruten statt, bei denen aktives Militär mit den Waffen eingreifen mußte. 
Das italienische Heer 
Italien verfügt im Frieden über 12 Armeekorps, 25 Territorialdivisionen und drei 
Kavalleriedivisionen. Das in vier Armeeinspektionen eingeteilte Heer zählte 1914 389 
Jnsanteriebataillone, 12 Legionen Karabinieri, 150 Schwadronen und 263 Batterien; 
dazu kommen reichliche Spezialtruppen. Diese Formationen, die im Frieden rund 
300 000 Mann und 64 000 Tiere umfassen, erhöhen sich im Kriegsfall erheblich, soll 
doch außer dem stehenden Heer Raum für 5 bis 600000 Reservisten und 300 000 Leute 
der Milizia mobile (Landwehr) geschaffen werden, zu denen noch nahezu 2 000000 Mann 
der Milizia territoriale (etwa Landsturm) hinzukommen, so daß man die nominelle 
Kriegsstärke der italienischen Armee ohne Landsturm aus über 1 200 000 Mann ein
	        
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