Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Das französische Wirtschaftsleben im zweiten Kriegshalbjahr 281 
Berechnungen noch zu übertreffen." Sodann gab der Kriegsminister befriedigende Ver 
sicherungen bezüglich der Herstellung von schwerer Artillerie und Gewehren ab. Wäh 
rend des ersten Vierteljahres 1915 verdoppelte sich die Herstellung von Maschinen 
gewehren. Für alle Kampfwaffen ist die Erzeugung entsprechend hoch. „Wir sind", 
so erklärte Millerand, „entschlossen, unserem Feinde auf jedes Gebiet zu folgen, welches 
auch die Waffen sein mögen, die er anwendet. Unsere Chemiker, die des Kriegsmini 
steriums wie die der Akademie der Wissenschaften, arbeiten fleißig an dem Problem der 
erstickenden Gase." Der Minister wies dann darauf hin, daß 138 Generale und 600 
höhere Stabsoffiziere verabschiedet worden seien und machte Angaben über den Sanitäts 
dienst sowie über die von ihm unternommenen Anstrengungen zur Vervollständigung des 
Jntendanturwesens. Schließlich erklärte Millerand, er sei entschlossen, auch weiterhin 
alle Fehler gutzumachen, die vorkommen könnten, und schloß: „Wenn es im höchsten 
Grade wünschenswert ist, daß Parlament und Regierung zusammenarbeiten, so gibt es 
doch kein Zusammenarbeiten ohne gegenseitiges Vertrauen. Das Gefühl meiner Pflicht 
und meiner Verantwortlichkeit wird mir nicht gestatten, meine Aufgabe fortzusetzen, 
wenn ich mich nicht durch die Vertreter des Landes unterstützt fühle." 
Diese plötzliche Stellung der Vertrauensfrage verstimmte den Senat. Während Viviani 
lebhaften Beifall gefunden hatte, wurde die Rede Millerands kühl aufgenommen. Der 
Senat nahm die Budgetvorlage zwar einstimmig an, aber es fand sich niemand, um 
eine besondere Vertrauenstagesordnung für den Kriegsminister vorzuschlagen. 
Von der weiteren gesetzgeberischen Tätigkeit des Senats bis Anfang August 1915 sei 
die am 4. Juni erfolgte Annahme des Gesetzentwurfes Henry Bsranger erwähnt, wonach 
die Verträge zum Eintritt in die Fremdenlegion, die mit nicht naturalisierten An 
gehörigen der mit Frankreich und seinen Verbündeten im Krieg befindlichen Staaten seit 
dem 1. August 1914 abgeschlossen worden sind, rückgängig gemacht werden können. 
Auch ein Antrag, die Regierung möge die diplomatischen Verhandlungen mit den Ver 
bündeten fortsetzen, um zu einem internationalen Abkommen zur Durchführung gemein 
samer Maßnahmen bezüglich eines Handelsverbotes gegen Deutschland und 
Oesterreich-Ungarn zu gelangen, fand am 31. Juli 1915 Annahme. 
Das französische Wirtschaftsleben im zweiten 
Kriegshalbjahr 
Für die wirtschaftliche Entwickelung Frankreichs im zweiten Kriegshalbjahr sind die 
Berichte und Daten bezeichnend, die der Finanzminister Ribot im März, im Mai und 
dann Ende Juni 1915 in der Deputiertenkammer zur Begründung seiner Gesetzes 
anträge vorgelegt und gehalten hat. In der Sitzung vom 18. März stellte Ribot mit 
Befriedigung fest, daß die Geschäfte wieder anzögen und das Steuererträgnis zunehme 
und betonte, man könne am Tage des Friedens eine Entwickelung des Reichtums er 
warten, die Frankreich gestatte, aller Schwierigkeiten Herr zu werden. Er hob die 
politische und finanzielle Ehrlichkeit Frankreichs hervor und schloß: „Wir sagten dem 
Publikum die volle Wahrheit und haben es nicht nötig, die Lage und die Ausgabe von 
Papiergeld zu verschleiern." Demgegenüber führte Ribot in der Sitzung vom 8. Mai 
aus: Ein großes Land lebt nicht von Renten und Anlagen, es besteht von seiner Ar 
beit und Industrie. Es täuscht sich in der Annahme, daß sein Kapitals-Ueberfluß den 
Maßstab seines Reichtumes bildet, es verarmt, wenn es nicht seinen Unternehmungs 
geist, seine Ausfuhr entwickelt. Der Krieg hat uns gelehrt, daß wir die Entwicklung 
unserer Handelsintereffen in einem anderen Geiste aufzufassen haben, wir benötigen
	        
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