Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Die Kriegstagung der französischen Kammern 275 
Auch im Senat bereiteten die Senatoren, nachdem Dubost Italien gefeiert hatte, dem 
in der Diplomatenloge sitzenden italienischen Botschafter Tittoni eine lebhafte Ovation. 
Darauf ergriff Ministerpräsident Viviani das Wort. Er sagte: „Italien, das die Waffen 
in der Souveränität seines Verstandes und in der Unerschrockenheit seines Herzens ergriff, 
sprengte bereits die Schranke, in der seine Freiheit erstickte. Sein Ruhm vor den 
Menschen wird weniger darin bestehen, seine aus der Ueberlieferung stammenden Forde 
rungen vorgebracht zu haben, als sich geweigert zu haben, den mörderischen Ueberfall 
gegen das universelle Recht zu decken. Seine Ehre wird es sein, durch seine Festigkeit 
die Ränke einer Nation zunichte gemacht zu haben, die sich so weit erniedrigt hat, es 
zu beschimpfen, nachdem sie es lange angefleht hatte." 
Nach der Rede Vivianis erhob sich ein Beifallssturm. Der Senat beschloß, die Reden 
Dubosts und Vivianis öffentlich anschlagen zu lassen, woraus die Sitzung aufgehoben wurde. 
Die innere Politik der Tagung von Mitte Januar bis Ansang April 1915 
(Fortsetzung von Band III, S. 253 bis 255) 
In der Sitzung der französischen Deputiertenkammer vom 4. März 1915 brachte 
der Abgeordnete Paul Meunier einen dringlichen Antrag ein auf Aufhebung des 
politischen Belagerungszustandes in Frankreich und Wiederzulassung der 
Preßfreiheit, den er jedoch nach einer längeren Rede des Ministerpräsidenten Viviani 
und nach der Erklärung von Jules Roche, die Presse sei einig darin, das Vaterland zu 
verteidigen und habe deshalb einen Pakt mit der Regierung geschlossen, wieder zurückzog. 
In der Sitzung vom 12. März 1915 ist zunächst nach eingehender Begründung durch 
den Justizminister Briand und den Handelsminister Thomson der Gesetzesantrag an 
genommen worden, demzufolge angesichts des Kriegszustandes im Interesse der nationalen 
Verteidigung jeder Handel mit Deutschen, Oesterreichern und Ungarn oder mit in 
Deutschland, Oesterreich und Ungarn ansässigen Personen direkt oder durch Vermittler 
untersagt ist. Das Verbot gilt ab 4. August 1914 für Deutschland und ab 13. August 
1914 für Oesterreich-Ungarn und besitzt für die ganze Kriegsdauer bis zu einem später 
festzusetzenden Zeitpunkt Gültigkeit. Vor obengenanntem Zeitpunkt abgeschlossene Ver 
träge und Abmachungen bleiben während der Dauer des Verbots suspendiert und 
können durch Entscheidung der Zivilgerichte für nichtig erklärt werden, falls vor Kriegs 
ausbruch die Ausführung des Vertrags in Form von Warenlieferung und Zahlungs 
leistung begonnen war. 
In der Sitzung vom 18. März hat die Kammer dann auch den Gesetzentwurf an 
genommen, wodurch während der ganzen Kriegsdauer den Deutschen, Oesterreichern 
und Ungarn die Ausnützung ihrer in Frankreich erworbenen Patente untersagt 
wird. Das Gesetz sieht den Fall vor, daß Franzosen und deren Verbündete, sowie 
Neutrale solche Patente mit Ermächtigung der Regierung ausnützen können, insofern diese 
Patente im öffentlichen Interesse der nationalen Verteidigung Frankreichs nützlich sind. 
Das Gesetz über die Einberufung der Jahresklasse 1916 (der 18jährigen) 
ist von der Kammer bereits am 12. März angenommen worden. Auch die Vorlage, die den 
Kriegsminister ermächtigt, die Musterung der Jahresklasse 1917 (der 17jährigen) 
bereits jetzt, zwei Jahre vor der normalen und gesetzlichen Zeit vorzunehmen, wurde 
nach einer patriotischen Begründung durch Millerand in der Sitzung vom 1. April 
1915 gebilligt. Darnach bedeutet die Musterung nur eine Vorsichtsmaßregel, die Ein 
berufung selbst kann nur vom Parlament angeordnet werden. Gleichzeitig mit der 
Musterung des Jahrgangs 1917 ist eine Nachprüfung der Zurückgestellten aus den Jahres 
klassen 1913,14,15 sowie der zwischen dem 2. August und 31. Dezember 1914 als Invalide 
Erklärten vorgesehen (vgl. S. 269); deren Einberufung bleibt dem Minister überlassen.
	        
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