Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

40 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915 
schnitts war die uns gestellte Aufgabe erfüllt, aber wir in unserem Siegestaumel ließen 
uns nicht halten. Im Sturm wurden auch noch die beiden nächsten Gräben genommen, 
ein Halten gab es nicht und hätte unsere Artillerie nicht den hinter der Höhe liegenden 
Talgrund beschossen, wir wären noch weiter gerannt. Dies alles vollzog sich so blitz 
schnell, daß z. B. die im dritten Graben im Unterstand sitzenden französischen Offiziere 
von unserem Feldwebel beim Kaffeetrinken gestört wurden. Erst allmählich kamen die 
Franzosen zum Bewußtsein ihrer Lage. Ihre Reserven rückten vor, wurden aber stets 
von unserer mit großer Genauigkeit schießenden Artillerie zersprengt. Sie flüchteten in 
die am Steilhang eingebauten Unterstände. Jedoch zu spät; auch unsere Braven waren 
am Steilhang angelangt und säuberten die Unterstände mit Handgranaten. Nur wenige 
der Rothosen entkamen in den naheliegenden Wald, in den unsere Artillerie Hunderte 
von Schrapnells hineinsandte, die natürlich auch noch ihre Opfer forderten. Um ^9 Uhr- 
waren wir im Besitz von fünf französischen Gräben. Wie ein Wirbelwind hatten un 
sere Tapferen sie genommen und die Franzosen mit eisernem Besen hinausgefegt. Der 
Erfolg war unstreitig ein sehr wichtiger; denn von der Lorettohöhe hat man eine vor 
treffliche Einsicht aus mindestens 30 Kilometer des hinter der französischen Linie liegenden 
Geländes. Auch Bsthune kann ausgezeichnet beobachtet werden. Vor allen Dingen aber 
haben wir jetzt eine für Gegenangriffe bedeutend günstigere Position, als vordem. 
War dieses Ziel mit verhältnismäßig geringen Verlusten verbunden, so erforderte 
das Halten der neuen Stellung mehr Opfer. Ein furchtbares französisches Artillerie 
feuer setzte ein. Sämtliche Kaliber waren vertreten. Es war ein ohrenbetäubendes 
Krachen explodierender Geschosse aus dem Berge, der einer Feuersäule glich. Unaufhör 
lich kamen die furchtbaren Eisengrüße durch die Luft geheult, einem riesenhaften Ma 
schinengewehrfeuer gleichend. Es hatte jeder das Gefühl, als befände er sich aus einem 
Vulkan. Eine erstickende Luft machte das Atmen fast zur Unmöglichkeit, da die modernen 
Ekrastt- oder Melinitgeschoffe die Atmosphäre mit ihren giftigen Gasen verpesten. Die 
französischen Unterstände aber, die etwa sieben Meter tief in die Erde eingegraben sind, 
erwiesen sich als bombensicher. Höchstwahrscheinlich sind sie auch von der in dieser Ge 
gend ansässigen bergbautreibenden Bevölkerung mit großer Fachkenntnis angelegt worden. 
Als das Feuer nachließ, versuchten die französischen Reserven nochmals mit starken 
Kräften eine Wiedereroberung der Höhe. Sie wurden jedoch rechtzeitig entdeckt und 
der Vorstoß brach zusammen. Die Verluste der Franzosen bei diesen Stürmen müssen 
furchtbar gewesen sein. Immer wieder versuchten sie den Ansturm, um jedesmal mit 
blutigen Köpfen kehrt zu machen. Der Abend nahte, die Nacht deckte mitleidig die Ver 
luste zu. Auch am 4. und 5. März wiederholten sich die Angriffe, mit dem Endergebnis 
gleich Null." 
„Aber wie sah es bei unserer Ablösung auf dem Hügel aus?" schreibt ein deutscher 
Offizier an die „Kölnische Volkszeitung". „Die Stellung war gehalten — aber wo einst 
Gräben waren, gab es nur noch leichte Furchen im Boden. Trichter neben Trichter, 
die Ackerkrume wie weggeblasen, der Fels zersprengt, Tote und Verwundete ganz oder 
teilweise verschüttet und begraben. Und an all diesen Bildern geht man vorbei 
ohne zu schaudern. Wahrlich, der sogenannte Kulturmensch hat Nerven von Stahl. 
Man muß ruhig bleiben — und man bleibt es. Die entsetzlichen Bilder verblassen vor 
den erhebenden Bildern hohen Mutes, tollkühner Entschlossenheit und heldenhaften Aus 
harrens. Der Ruhm, eine Tat vollbracht zu haben, das Bewußtsein, dem Gegner ge 
zeigt zu haben, was an Kraft in uns steckt, hilft über alles Furchtbare hinweg." 
Das Ringen um die Lorettohöhe war damit aber noch nicht beendigt. Während am 
8. März ein weiterer französischer Schützengraben von den Deutschen genommen werden 
konnte, erfolgten am Südhang des Hügels vom 15. bis 21. März 1915 hartnäckige
	        
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