Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

934 Die Aesthetik oder die Philosophie der schönen Kunst. 
- Ebendas. S. 419-434. - - Ebendas. S. 431—441. 
der Schönheit, die unvergänglichen Rechte und Gedanken der Mensch 
heit sind/" „Alles an ihm war großartig", hat Goethe gesagt. Was 
hätte auch nicht großartig sein sollen, da es das Innere war? 
2. Volks- und Kunstpoesie. Goethe. 
In der lyrischen Poesie wird sich der Mensch selber zum Kunst 
werk, während dem epischen Dichter der fremde Heros und dessen 
Thaten und Ereignisse zum Inhalt dienen. Denn in der Lyrik ist es 
eben nicht die objective Gesammtheit und individuelle Handlung, son 
dern das Subject als Subject, was die Form und den Inhalt abgiebt. 
Unter Subject sind aber die Entwicklungs- und Bildungsstufen des 
Bewußtseins zu verstehen, welche den Zeitaltern und Volkszuständen 
angehören, darum auch den allgemeinen Charakter der lyrischen Poesie 
bestimmen und dieselbe in die zwei Hauptarten der Volkspoesie und 
Kunstpoesie unterscheiden, je nachdem das dichtende Subject noch un 
getrennt mit dem Volksbewußtsein und Volksleben zusammenhängt, in 
ihm aufgeht und sich darin verliert oder, als persönliches Bewußtsein 
davon losgelöst, ihm gegenübersteht und aus eigener Reflexion und 
Kunst sein Inneres dichterisch darstellt. Die Volkspoesie ist mannich- 
faltig, wie die Völker und ihre Schicksale, reflexionslos, natürlich und 
frisch, wie das unmittelbare Leben selbst; sie ist darum concentrirt, 
universell und innig. Darin liegt ihr Zauber als Poesie und ihre 
lehrreiche Bedeutung für die Erkenntniß und das Studium der Poesie 
und ihrer Quellen, weshalb Herder auf die Sammlung solcher Lieder 
aus dem Munde der Völker selbst als Führer so erweckend und erfolg 
reich hingewiesen hat. Unter seinen Jüngern war der junge Goethe, 
der Volkslieder sammelte und übersetzte. Als eine seiner Uebersetzungen 
nennt Hegel den „Klaggcsang der edlen Frauen des Asan Aga aus 
dem Morlackischen"? 
Es ist also keineswegs gemeint, daß die Kunstpoesie unter allen 
Umständen höher steht als die Volkspoesie, was so viel heißen würde 
als den Volkssängern die Meistersänger vorziehen; wohl aber besteht 
in der lyrischen Dichtung von der Volkspoesie zur Kunstpoesie ein noth 
wendiger Fortschritt, der in den großen und erhabenen Dichtern der 
Welt auf eine unverkennbare und jedem einleuchtende Art zu Tage 
tritt. Man braucht nur Pindar zu nennen, der in seinen Gedichten 
nicht sowohl den Helden durch den Ruhm, den er über ihn verbreitet,
	        
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