Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

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Die Philosophie der Geschichte. 
Sechsunddreißigstes Capitel. 
Die Philosophie der Geschichte, v. Die römische Welt. 
I. Die Elemente des römischen Geistes. 
Es sind zwei Momente, die Hegel als solche kennzeichnet, welche 
das Wesen des römischen Geistes ausmachen und nothwendig zusammen 
gehören: das eine ist das weltgeschichtliche Thema, zu dessen Ausführung 
die Römer berufen waren, das andere aber der persönliche Charakter 
oder die Art und Weise, wie sie den Werth des Menschen und seine 
Freiheit gefaßt und geltend gemacht haben. Man könnte jenes das 
objective Element des römischen Geistes nennen, dieses das subjective. 
Das objective Thema ist die Welteroberung und Weltherrschaft, 
die Vereinigung aller Volksgeister und Volksgötter in das Eine Pan 
theon des römischen Weltreichs, in ein abstract Allgemeines, welches 
die lebendigen Individualitäten der Völker und Religionen nicht schont, 
wie das persische Weltreich, sondern erstickt und zertritt. Diesem Princip 
entspricht das subjective Element, denn es ist nicht die lebendige, freie, 
schöne Individualität, die das Wesen und Thema des griechischen 
Geistes ausgemacht hat, sondern die abstracte und atome, d. i. die 
Person, deren Geltung das Recht und deren Realität der Besitz und 
das Eigenthum ist. „Hier in Rom finden wir nunmehr diese freie 
. Allgemeinheit, diese abstracte Freiheit, welche einerseits den abstracten 
Staat, die Politik und die Gewalt über die concrete Individualität 
setzt und diese durchaus unterordnet, andererseits dieser Allgemeinheit 
gegenüber die Persönlichkeit erschafft, die Freiheit des Ichs in sich, 
welche wohl von der Individualität unterschieden werden muß. Denn 
die Persönlichkeit macht die Grundbestimmung des Rechts aus: sie 
tritt hauptsächlich im Eigenthum ins Dasein, ist aber gleichgültig gegen 
die concreten Bestimmungen des lebendigen Geistes, mit denen es die 
Individualität zu thun hat. Diese beiden Momente, welche Rom 
bilden, die politische Allgemeinheit für sich und die abstracte Freiheit 
des Individuums in sich selbst, sind zunächst in der Form der Inner 
lichkeit selbst befaßt. Diese Individualität, dieses Zurückgehen in sich 
selbst, welches wir als das Verderben des griechischen Geistes gesehen, 
wird hier der Boden, auf welchem eine neue Seite der Weltgeschichte 
aufgeht." 1 
1 Ebendas. Dritter Theil. Die römische Welt. S. 339 u. 340.
	        
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