Volltext: Im Lungau

Tweng, 21. Juni 1896. 
Lieber Freund und gütiger Leser ! Vergnügt Hause ich 
hier und sitze behaglich auf der „Post" zu Tweng wie in 
Abrahams Schoße oder, zeitgemäßer verglichen, wie in Odins 
Methhütte. Es ist Sonntag und kalter Regen fällt von den 
grauen Wolken herab, die den hohen Gurpetsch, an welchem 
das Alpendorf gelagert ist, ganz verhüllen. Alle kamen sie 
heute zusammen, die im Thale wohnen: Sennin und 
Senner im schlichten Festgewaude, Holzhauer, Bauern, 
Knechte und Mägde und der Schulkinder fröhliche Schar. 
Sie feiern den Tag des Herrn in der kleinen Kirche, die 
mit ihrem Zwiebelthurme mitten im Orte steht. Neben dem 
Eingänge zu dieser befindet sich an beiden Seiten ein Fenster, 
davor steinerne Stufen, um auch von außen dem Gottes 
dienste beizuwohnen. Ein um die Stirnseite der Kirche 
laufendes Dach schützt die frommen Beter vor Regen und 
Schnee. Im schmucken Kirchenschiffe aber hält der Herr- 
Pfarrer das Hochamt, mit den Wetter-Evangelien beginnend, 
auf dem Chore orgelt der junge Lehrer, und die armen Nach 
kommen der Taurisker lauschen andächtig der Predigt von 
dem reichen Fischfänge. Später sehen wir die männliche 
Bevölkerung in der Gaststube bei Bier und Tirolerwein 
versammelt, um sich für den Heimweg Kraft zu holen. 
Das Thal von Tweng ist etwa zwei Stunden lang 
und eines der schönsten des Gaues. Der Charakter der 
Landschaft ist ein ernster; die liebliche Taurache windet sich 
durch Gruppen von Erlen und Nadelholz. Hie und da
	        
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