Algeciras, Bagdadbahn, Persien nennen. Wegen Algeciras lehnte der Mi¬
nister jede Verantwortung ab, weil er zu jener Zeit noch nicht Minister
gewesen sei. Er wolle nicht bestreiten, daß bei diesem Anlaß vielleicht
einige „Ungeschicklichkeiten“ vorgekommen wären. Auf die Frage der
Bagdadbahn ging der Minister weiter nicht ein. Dagegen beteuerte er,
daß er bezüglich Persiens nur Vorgänge habe rechtzeitig zur Sprache
bringen wollen, welche das jgute Einvernehmen zwischen beiden Mächten
hätten stören können. „Immerhin,“ so fuhr der Minister fort, „ich kann
in Ihren Worten nur eine Bestätigung dessen erblicken, was ich in
Berlin nur zu deutlich gefühlt habe. Jedenfalls werde ich nicht ver¬
fehlen, dem Kaiser, meinem Herrn, über unsere Unterredung wortgetreu
Bericht zu erstatten.“
Der Minister erging sich dann noch in einigen retrospektiven Be¬
trachtungen über die Vorgänge der letzten Jahre, wobei er immer wieder
darauf zurückkam, daß der eigentliche Schuldige an der jetzigen Situa¬
tion Baron Aehrenthal sei. Als bemerkenswert möchte ich eine Äuße¬
rung erwähnen, die Herr Iswolski im Laufe dieser Betrachtungen tat.
Er erinnerte an das erste längere Gespräch', welches er im Sommer 1905
in Kopenhagen nach der Begegnung von Björkoe mit Seiner Majestät
unserem allergnädigsten Herrn zu führen die Ehre gehabt habe. „Ihr
Kaiser hat mir damals ein politisches Programm entwickelt, dessen
Verwirklichung den Frieden Europas auf eine felsenfeste Basis gestellt
haben würde. Leider ist die Ausführung dieses Programmes an Ihren
Differenzen mit Frankreich bezüglich Marokkos gescheitert.“
Zum Schluß möchte ich noch hervorheben, daß diese ganze Unter¬
redung nicht einen Augenblick aus dem Rahmen einer sachlich ruhigen
Aussprache heraustrat. Herr Iswolski verfiel während derselben nicht
ein einziges Mal in den erregten, aggressiven Ton, den er sonst zuweilen
anzuschlagen für gut findet. F. Pourtales.
Nr. 44i.
Zar Nicolai II. an Kaiser Franz Joseph.*)
22. Oktober
Zarskoje Selo, den 4 Novem^r *9<>8
„Mein teurer Freund!
Die tiefe und innige Freundschaft, die ich zu Dir hege, verbietet mir,
Dir den überaus schweren Eindruck zu verbergen, den die Angliederung
der Deiner Regierung vom Berliner Traktat anvertrauten Provinzen Bos¬
nien und Herzegowina auf mich gemacht hat, und — was besonders
betrüblich ist — die Angliederung auf dem Wege eines selbstherrlichen
Akts.
x) Abgedruckt in der Zeitschrift „Die Kriegsschuldfrage“, April 1926. Vgl. S.22.
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