Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

gariens, welches Serbien in die Gefahr bringt, von zwei mächtigen Nach¬ 
barn erdrückt zu werden und Kompensationsobjekte für dieselben zu 
bieten. 
Das Verhältnis Serbiens zu Österreich-Ungarn habe sich in der 
letzten Zeit etwas gebessert. An der Transversalbahn Donau-Adria 
habe Serbien, nachdem es seinen Export über Nisch sichergestellt habe, 
weniger Interesse als früher, wo man lediglich auf den Weg über Öster¬ 
reich-Ungarn angewiesen gewesen ist. 
Marschall. 
Nr. 509. 
Der Botschafter in Wien von Tschirschky 
an den Reichskanzler von Bethmann Hollweg. 
Ausfertigung. 
Nr. 379. Wien, den 3o. November 1909. 
Über die derzeitige Lage in Serbien erfährt mein Gewährsmann auf 
der hiesigen russischen Botschaft nachstehendes: 
„Wir haben hier in der letzten Zeit wiederholt Herren von unserer 
Belgrader Gesandtschaft zum Besuch gehabt, und diese haben uns über¬ 
einstimmend die Lage in Serbien als eine ziemlich befriedigende ge¬ 
schildert. Unser neuer Gesandter in Belgrad ist erfolgreich bemüht, 
die leitenden politischen Persönlichkeiten in Serbien vor inneren Kom¬ 
plikationen zu warnen. Desgleichen empfiehlt er ihnen dringend, jedem 
Konflikt mit Österreich-Ungarn oder der Türkei sorgfältig aus dem 
Wege zu gehen. Endlich legt er es ihnen wärmstens ans Herz, die 
Beziehungen zu Bulgarien so herzlich und so intim als möglich zu 
gestalten. 
In diesen drei Punkten ist momentan gewissermaßen das ganze 
Aktionsprogramm unserer Gesandtschaft in Belgrad enthalten. 
Wenn die Serben mit Klugheit und Ausdauer in diesem Rahmen ver¬ 
harren, so werden ihnen die vorteilhaften Konsequenzen von selbst als 
reife Frucht in den Schoß fallen. Herr Nikolaus Paschitsch hat natür¬ 
lichen Esprit genug, um diese Intentionen der russischen Diplomatie 
wohl zu verstehen und sich ihnen zu akkomodieren. 
Tatsächlich läßt es sich auch bereits konstatieren, daß nach allen 
diesen drei Richtungen ein état amélioré eingetreten ist. Nicht nur hat 
Herr Milowanowitsch hier einen guten Eindruck gemacht, sondern er 
hat auch seinerseits den Eindruck gewonnen, daß Graf Aehrenthal ein 
*) Die Große Politik Bd. 27 (I. Hälfte), Nr.9736, S.169. 
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