Volltext: Die Kämpfe im Baltikum nach der zweiten Einnahme von Riga

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Konflikt. 
23. Kugust. 
sollte. Eine offenbar mißverstandene Nachricht, daß die Diviston nicht 
geschloffen nach Stade abtransportiert werden sollte, sondern nach den 
verschiedensten Teilen Deutschlands geschickt würde'), trug das ihrige zur 
Verschärfung der Stimmung bei. Man entnahm aus ihr, daß die Regie¬ 
rung nicht gewillt sei, die der Division gegebene Zusage, Umbildung in eine 
besondere Reichswehrbrigade, zu halten, und fürchtete, daß die Angehörigen 
der Division in der Heimat brotlos und dem Radikalismus in die 
Arme getrieben werden würden. Auch bestanden im Divisionsstab Zweifel 
über die tatsächlichen Absichten des Kommandierenden Generals. 
Gewisse Äußerungen wurden dahin aufgefaßt, daß die Räumungsbefehle 
mehr nur zum Schein gegeben seien. Versuche zur Klärung der Zweifel 
wurden gemacht, führten aber in Abwesenheit des Kommandierenden 
Generals und des Chefs nicht zum Ziele. Die maßgebenden Persönlich¬ 
keiten mußten daher nach eigenem besten Wiffen und Gewissen handeln. 
Sie hofften damit, dem zurückkommenden Kommandierenden General die 
Möglichkeit des eigenen Entschlusses zu verschaffen. 
Unter diesen Umständen entschloß sich der Divisionsführer am 23. August, 
den Befehl zum Abtransport nicht auszuführen. Er wies das bereits ab¬ 
gefahrene Bataillon III./3. Kurländischen Infanterie-Regiments telegra¬ 
phisch an, in Schauten wieder auszuladen, was trotz des Protestes des 
Bahnhofskommandanten geschah2). 
Damit war, wie das Kriegstagebuch der Division schreibt, der Stein ins 
Rollen gekommen. Es mußte sich bald zeigen, ob die Dinge sich im Sinne 
des Divisionsstabes weiterentwickeln würden. Zunächst schien alles gut zu 
gehen. Die Kommandeure stellten sich in einer am 24. August abgehaltenen 
Besprechung geschloffen hinter den Divisionsführer. Auch der Führer des 
Regiments Baltenland, Kapitän zur See Siewert, stimmte zu. Das Frei¬ 
korps Weickhmann, das hinter dem Bataillon Rieckhoff abfahren sollte, ver¬ 
weigerte ebenfalls den Abtransport. Bei den Mannschaften, die durch 
einen Aufruf des Majors Dischoff von dessen Entschluß in Kenntnis gesetzt 
wurden, herrschte großer Jubel. Sie brachten dem Divisionsführer am 
Abend in Mitau einen Fackelzug. Verschiedene nicht zur Eisernen Division 
') Die Akten des VI. Reservekorps enthalten nichts von einer derartigen Absicht. 
Wahrscheinlich hat es sich um den Abtransport zugeteilter Formationen zu ihren 
heimischen Generalkommandos gehandelt. 
2) Der Entschluß ist nach Mitteilung des damaligen stellvertretenden GeneralstabS- 
ofsiziers von Major Bischofs erst nach Verabschiedung des Bataillons Rieckhoff auf der 
Rückfahrt vom Bahnhof Mitau gefaßt worden. Hierbei spielten auch Schilderungen 
eine Rolle, die einige rechtsstehende Politiker in den Tagen zuvor von der Lage in 
Deutschland gemacht hatten.
	        
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